Steuerrecht Rechtsprechung Vereinbarkeit der deutschen Verrechnungspreisvorschriften mit EU-Recht Anmerkung zum Urteil des EuGH in der Rechtssache C-436/00 on RA/StB Dr Heinz-Klaus Kroppen, LL. M. und Lars Rehfeld, Rechtsreferendar. Deloitte Touche. Dusseldorf I. Einleitung Schon seit einiger Zeit werden Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit deut scher Verrechnungspreisvorschriften und insbesondere des$ 1 AStG mitEU- Recht geauBert So hatte der bFH in seinem Beschl. V. 21. 6. 2001, Az. I B 141/00 ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit des$ 1 AStG mit den vorgaben des europaischen Rechts geauBert (BFHE 195, S 398). Auch Stimmen in der 1 AStG EU-rechtswidrig ist (vgl. u a. Eigelshoven, Gemeinschaftsrechtliche Bedenken des bFH gegen$1 AStG, IWB 2001, F 3 Gr 1S. 1761; Bauschatz, Steuerlicher Gestalt brauch und Europarecht-Offnung der Steuersysteme im Recht der direkter Steuern der EU-Mitgliedstaaten und Abwehr grenzuberschreitender gestal- tungen durch Missbrauchsvorschriften anhand ausgewahlter Beispiele des deutschen Steuerrechts(Teil I), IStR 2002, S 291 und 333; Koplin/Sedemund Quod erat expectandum! -Einige Uberlegungen zum Beschluss des BFH vom 21. 6. 2001, IStR 2002, S. 120; Borstell/ Bruinninghaus /Dworaczek, Zw fel an der RechtmaBigkeit von Verrechnungspreiskorrekturen nach$ 1 AStG IStR 2001, S 757; Brenner, Vereinbarkeit des AStG mit dem EG-Vertrag, KFR 2001, F 11 AStG$ 1, 2/01, S. 383: Menck, Gemeinschaftsrecht und Koharenz der Ertragsbesteuerung, IWB 2002, F 2 S. 715; Pfuger, Hinzurechnungsbe- steuerung nach$ 1 AStG ist europarechtlich bedenklich, PIStB 2001, S 260 Am 21. 11. 2002 hat der EuGH in der Rs. C-436/00 ein Urteil gefallt, welches dievorgetragenenBedenkenbestatigt(abrufbarunterwww.curia.eu.int) Il. Tatbestand des Urteils Zwei schwedische Staatsangehorige Xund Y mit Wohnsitz in Schweden woll ten ihre Aktien an der X-A B. einer schwedischen Gesellschaft zu deren An- schaffungskosten auf die Z-A. B, eine weitere schwedische Gesellschaft bertragen, deren alleiniger Anteilseigner die Y-s.A eine belgische gesell. schaft, war(EuGH, Rs. C-436/00, Riksskatteverk, Rn. 14, n V). Das einschl- gige schwedische Recht sieht fur solche Ubertragungen in Art. 3 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes(SIL) unterschiedliche Rechtsfolgen vor, je nach dem, ob die empfangende Gesellschaft eine schwedische oder auslandische Gesellschaft ist, oder schwedische oder auslandische Anteilseigner hat wah rend bei einer Ubertragung auf eine schwedische Gesellschaft mit schwed schen Anteilseignern der Buchwert bzw die Anschaffungskosten oder der tat sachlich gezahlte Kaufpreis angesetzt werden konnen, muss die Ubertragung der Beteiligung auf eine auslandische gesellschaft oder auf eine schwedische Gesellschaft mit auslandischen Anteilseignern zum Marktwert erfolgen, selbst wenn die Ubertragung unentgeltlich ist, mit der Folge der Besteuerung eines Gewinns beim Ubertragenden aus der Differenz zwischen Anschaf fungskosten oder Buchwert und dem Marktpreis(Art. 3 Abs. 1 SIL). IWB Nr23vom11.12.2002 1171Steuerrecht Verrechnungspreisvorschriften Rechtsprechung Seite 617 Vereinbarkeit der deutschen Verrechnungspreisvorschriften mit EU-Recht Anmerkung zum Urteil des EuGH in der Rechtssache C-436/00 von RA/StB Dr. Heinz-Klaus Kroppen, LL.M. und Lars Rehfeld, Rechtsreferendar, Deloitte & Touche, Düsseldorf I. Einleitung Schon seit einiger Zeit werden Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit deutscher Verrechnungspreisvorschriften und insbesondere des § 1 AStG mit EURecht geäußert. So hatte der BFH in seinem Beschl. v. 21. 6. 2001, Az. I B 141/00 ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit des § 1 AStG mit den Vorgaben des europäischen Rechts geäußert (BFHE 195, S. 398). Auch Stimmen in der Literatur sind schon lange der Auffassung, dass § 1 AStG EU-rechtswidrig ist (vgl. u. a. Eigelshoven, Gemeinschaftsrechtliche Bedenken des BFH gegen § 1 AStG, IWB 2001, F. 3 Gr. 1 S. 1761; Bauschatz, Steuerlicher Gestaltungsmissbrauch und Europarecht — Öffnung der Steuersysteme im Recht der direkten Steuern der EU-Mitgliedstaaten und Abwehr grenzüberschreitender Gestaltungen durch Missbrauchsvorschriften anhand ausgewählter Beispiele des deutschen Steuerrechts (Teil I), IStR 2002, S. 291 und 333; Köplin/Sedemund, Quod erat expectandum! — Einige Überlegungen zum Beschluss des BFH vom 21. 6. 2001, IStR 2002, S. 120; Borstell/Brünninghaus/Dworaczek, Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Verrechnungspreiskorrekturen nach § 1 AStG, IStR 2001, S. 757; Brenner, Vereinbarkeit des AStG mit dem EG-Vertrag, KFR 2001, F. 11 AStG § 1, 2/01, S. 383; Menck, Gemeinschaftsrecht und Kohärenz der Ertragsbesteuerung, IWB 2002, F. 2 S. 715; Pflüger, Hinzurechnungsbesteuerung nach § 1 AStG ist europarechtlich bedenklich, PIStB 2001, S. 260). Am 21. 11. 2002 hat der EuGH in der Rs. C-436/00 ein Urteil gefällt, welches die vorgetragenen Bedenken bestätigt (abrufbar unter www.curia.eu.int). II. Tatbestand des Urteils Zwei schwedische Staatsangehörige X und Y mit Wohnsitz in Schweden wollten ihre Aktien an der X-A.B., einer schwedischen Gesellschaft, zu deren Anschaffungskosten auf die Z-A.B., eine weitere schwedische Gesellschaft, übertragen, deren alleiniger Anteilseigner die Y-S.A., eine belgische Gesellschaft, war (EuGH, Rs. C-436/00, Riksskatteverk, Rn. 14, n. V.). Das einschlä- gige schwedische Recht sieht für solche Übertragungen in Art. 3 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (SIL) unterschiedliche Rechtsfolgen vor, je nachdem, ob die empfangende Gesellschaft eine schwedische oder ausländische Gesellschaft ist, oder schwedische oder ausländische Anteilseigner hat. Während bei einer Übertragung auf eine schwedische Gesellschaft mit schwedischen Anteilseignern der Buchwert bzw. die Anschaffungskosten oder der tatsächlich gezahlte Kaufpreis angesetzt werden können, muss die Übertragung der Beteiligung auf eine ausländische Gesellschaft oder auf eine schwedische Gesellschaft mit ausländischen Anteilseignern zum Marktwert erfolgen, selbst wenn die Übertragung unentgeltlich ist, mit der Folge der Besteuerung eines Gewinns beim Übertragenden aus der Differenz zwischen Anschaffungskosten oder Buchwert und dem Marktpreis (Art. 3 Abs. 1 SIL). 11a IWB Nr. 23 vom 11. 12. 2002 - 1171 -