DEUTSCHLAND Allgemeines SEITE 2201 GRUPPE 1 FACH 3 Die Behandlung der Funktionsverlagerungen im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 und der zu erwartenden verwaltungsgrundsatze Funktionsverlagerung Prof Dr Heinz-Klaus Kroppen, Dr. Stephan Rasch und Axel Eigelshoven seit geraumer Zeit In dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Unternehmensteuerreform in der Form vom 14.3. 2007 ist allerdings nicht nur die Funktionsverlagerung in 5 1 AStG geregelt worden. Vielmehr werden auch weitge- hende Anderungen im Bereich Verrechnungspreise durch die Unternehmensteuerre form geplant. Gegenstand dieser Analyse soll es daher sein, die geplanten Neu- erungen im Bereich Funktionsverlagerung sowie die Anderungen der Verrechnungs preisvorschriften vorzustellen und zu analysieren. Dabei werden insbesondere fur die Funktionsverlagerung nicht nur der 5 1 AStG-E kritisch untersucht, sondern auch berlegungen hinsichtlich der zu erwartenden Verwaltungsgrundsatze-Funktions verlagerung angestellt. Auch diese sind in den vergangenen Monaten kritisch in der Literatur sowie im Rahmen von zahlreichen Fachveranstaltungen diskutiert worden INHALTSUBERSICHT Hintergrund zum Gesetzesentwurf der Unternehmensteuerreform l. Bersicht des Gesetzesentwurfs der Unternehmensteuerreform 2008 zu den Bereichen Funktionsverlagerung/Verrechnungspreise lL. Analyse des Gesetzesentwurfs zum Thema Funktionsverlagerung IV. Oberlegungen zu den zu erwartenden Verwaltungsgrundsatzen- Funktionsverlagerung V. Analyse der sonstigen Anderungen im Bereich Verrechnungspreise A/StB Prof Dr Heinz-Klaus Kroppen, LLM, RA Dr. Stephan Rasch und StB Axel Eigelshoven, Deloitte Dusseldorf und Munch WBNr.6vom28.3.2007 301
Die Behandlung der Funktionsverlagerungen im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 und der zu erwartenden VerwaltungsgrundsätzeFunktionsverlagerung Prof. Dr. Heinz-Klaus Kroppen, Dr. Stephan Rasch und Axel Eigelshoven* Das Thema Funktionsverlagerung beherrscht die steuerpolitische Diskussion schon seit geraumer Zeit. In dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Unternehmensteuerreform in der Form vom 14.3.2007 ist allerdings nicht nur die Funktionsverlagerung in § 1AStG geregelt worden. Vielmehr werden auch weitgehende Änderungen im Bereich Verrechnungspreise durch die Unternehmensteuerreform geplant. Gegenstand dieser Analyse soll es daher sein, die geplanten Neuerungen im Bereich Funktionsverlagerung sowie die Änderungen der Verrechnungspreisvorschriften vorzustellen und zu analysieren. Dabei werden insbesondere für die Funktionsverlagerung nicht nur der § 1AStG-E kritisch untersucht, sondern auch Überlegungen hinsichtlich der zu erwartenden Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung angestellt. Auch diese sind in den vergangenen Monaten kritisch in der Literatur sowie im Rahmen von zahlreichen Fachveranstaltungen diskutiert worden. Inhaltsübersicht I. Hintergrund zum Gesetzesentwurf der Unternehmensteuerreform II. Übersicht des Gesetzesentwurfs der Unternehmensteuerreform 2008 zu den Bereichen Funktionsverlagerung/Verrechnungspreise III. Analyse des Gesetzesentwurfs zum Thema Funktionsverlagerung IV. Überlegungen zu den zu erwartenden VerwaltungsgrundsätzenFunktionsverlagerung V. Analyse der sonstigen Änderungen im Bereich Verrechnungspreise * RA/StB Prof. Dr. Heinz-Klaus Kroppen, LL.M., RA Dr. Stephan Rasch und StB Axel Eigelshoven, Deloitte Düsseldorf und München. Deutschland Allgemeines Seite 2201 | Gruppe 1 | Fach 3 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007 301
FACH GRUPPE 1 SEITE 2202 BEHANDLUNG DER FUNKTIONSVERLAGERUNGEN I Hintergrund zum Gesetzesentwurf der Unternehmensteuerreform Das BMF hatte sich mit dem Thema Funktionsverlagerung bereits im Rahmen erster Entwurfe der sog. Verwaltungsgrundsatze ,in Fallen grenzuberschreitender Funktionsverlagerung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe"im Jahre 2001 und 2002(vgl. zum Entwurf v. 6.6.2002, IVB4-51341-E5F: Endres/Oestreicher, IStR 2003, Beihefter zu Heft 15) beschaftigt Aufgrund der Problematik der Mitwirkungs-/Dokumentationspflichten im Nach- gang zum Urteil des BFH aus dem Oktober 2001 wurde das Thema zunachst nicht mehr vorrangig verfolgt Spatestens im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu den sog. Job- Gipfel-Gesetzen"wurde das Thema aber erneut von der Legislative aufgegriffen. Die vor- malige rot-grune Regierungskoalition lies den Willen erkennen, eine Besteuerung von Funktionsverlagerungen zu regeln und diese einer konsequenten Anwendung des Fremdver- gleichsgrundsatzes zu unterwerfen Diese Gedanken sind nunmehr im Rahmen der Unternehmensteuerreform aufgegriffer worden In den Eckpunkten zur Reform wurde zunachst festgelegt, dass in einem BMF- Schreiben Grundlagen zu dem Thema erarbeitet werden sollten. In den letzten Monaten ist das Thema Funktionsverlagerung-offenbar im Anschluss an die Beratungen in der Koalition hr umfassend diskutiert worden Zunachst war der Entwurf der Verwaltungsgrundsatze Funktionsverlagerung als offizieller Entwurf zur Stellungnahme zur Veroffentlichung im Januar 2007 vorgesehen (vgl. etwa Der Betrieb, Status Recht 01/2007, S. 11; FTD V 19.1.2007, S 10). Nachdem der Entwurf zunachst in der Finanzverwaltung als Arbeitspapier diskutiert wurde, ist offenbar aufgrund der Diskussion auf Bund-Landerebene der Beschluss gefasst worden, das Thema Funktionsverlagerung mit der Anderung des5 1 AStG auf eine entsprechende Rechtsgrundlage zu stellen. Dieser Beschluss spiegelt sich nun in Art. 7 des Gesetzesentwurfs der Unternehmensteuerreform wider. dem vernehmen nach soll der Entwurf des BmF-Schreibens vorerst nicht veroffentlicht werden, Es soll vielmehr an der Anderung des 5 1 AStG und einer Rechtsverordnung fur den Bereich Funktionsverlagerung, fur die 5 1 Abs. 3 Satz 13 AStG des Entwurfs(AStG-E)eine Ermachtigung vorsieht, gearbeitet werden das bme- schreiben soll dann im anschluss veroffentlicht werden damit favorisieren der Gesetzgeber und das BMF offensichtlich wiederum eine Trias-Losung, die neben dem Gesetz noch eine erklarende Rechtsverordnung sowie eine Verwaltungsanweisung enthalt. Dieser Weg war bereits fur das Thema, Dokumentation"gewahlt worden l. Bersicht des gesetzesentwurfs der Unternehmensteuerreform 2008 zu den bereichen Funktionsverlagerung/Verrechnungspreise Der Gesetzesentwurf (Ges-E)sieht fur die hier interessierenden Bereiche Anderungen in der AO (Art. 6 Ges-E), im AStG (Art. 7 Ges-E)sowie in der GAufzv (Art. 9 Ges-E)vor wBNr.6vom28.3.2007
I. Hintergrund zum Gesetzesentwurf der Unternehmensteuerreform Das BMF hatte sich mit dem Thema Funktionsverlagerung bereits im Rahmen erster Entwürfe der sog. Verwaltungsgrundsätze „in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe“ im Jahre 2001 und 2002 (vgl. zum Entwurf v. 6.6.2002, IV B 4 - S 1341 - E5F: Endres/Oestreicher, IStR 2003, Beihefter zu Heft 15) beschäftigt. Aufgrund der Problematik der Mitwirkungs-/Dokumentationspflichten im Nachgang zum Urteil des BFH aus dem Oktober 2001 wurde das Thema zunächst nicht mehr vorrangig verfolgt. Spätestens im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu den sog. „JobGipfel-Gesetzen“ wurde das Thema aber erneut von der Legislative aufgegriffen. Die vormalige rot-grüne Regierungskoalition ließ den Willen erkennen, eine Besteuerung von Funktionsverlagerungen zu regeln und diese einer konsequenten Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu unterwerfen. Diese Gedanken sind nunmehr im Rahmen der Unternehmensteuerreform aufgegriffen worden. In den Eckpunkten zur Reform wurde zunächst festgelegt, dass in einem BMFSchreiben Grundlagen zu dem Thema erarbeitet werden sollten. In den letzten Monaten ist das Thema Funktionsverlagerung – offenbar im Anschluss an die Beratungen in der Koalition – sehr umfassend diskutiert worden. Zunächst war der Entwurf der VerwaltungsgrundsätzeFunktionsverlagerung als offizieller Entwurf zur Stellungnahme zur Veröffentlichung im Januar 2007 vorgesehen (vgl. etwa Der Betrieb, Status Recht 01/2007, S. 11; FTD v. 19.1.2007, S. 10). Nachdem der Entwurf zunächst in der Finanzverwaltung als Arbeitspapier diskutiert wurde, ist offenbar aufgrund der Diskussion auf Bund-Länderebene der Beschluss gefasst worden, das Thema Funktionsverlagerung mit der Änderung des § 1 AStG auf eine entsprechende Rechtsgrundlage zu stellen. Dieser Beschluss spiegelt sich nun in Art. 7 des Gesetzesentwurfs der Unternehmensteuerreform wider. Dem Vernehmen nach soll der Entwurf des BMF-Schreibens vorerst nicht veröffentlicht werden. Es soll vielmehr an der Änderung des § 1 AStG und einer Rechtsverordnung für den Bereich Funktionsverlagerung, für die § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG des Entwurfs (AStG-E) eine Ermächtigung vorsieht, gearbeitet werden. Das BMF-Schreiben soll dann im Anschluss veröffentlicht werden. Damit favorisieren der Gesetzgeber und das BMF offensichtlich wiederum eine Trias-Lösung, die neben dem Gesetz noch eine erklärende Rechtsverordnung sowie eine Verwaltungsanweisung enthält. Dieser Weg war bereits für das Thema „Dokumentation“ gewählt worden. II. Übersicht des Gesetzesentwurfs der Unternehmensteuerreform 2008 zu den Bereichen Funktionsverlagerung/Verrechnungspreise Der Gesetzesentwurf (Ges-E) sieht für die hier interessierenden Bereiche Änderungen in der AO (Art. 6 Ges-E), im AStG (Art. 7 Ges-E) sowie in der GAufzV (Art. 9 Ges-E) vor. Fach 3 | Gruppe 1 | Seite 2202 Behandlung der Funktionsverlagerungen 302 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007
DEUTSCHLAND Allgemeines 5m12n3 Im Einzelnen werden dabei folgende MaBnahmen uberlegt I bisherige Regelung 1. 590 Abs. 3 Verkurzung der Vorlagefrist: Fur Bisher gab es keine spezifische Frist Satz 8 A0 Aufzeichnungen uber auBerge- zur Vorlage im Rahmen der AuBen wird durch wohnliche Geschaftsvorfalle(vgl. prufung der Dokumentation fur neuen Satz9 5 3 GAufzv) wird die Frist von 60 auBergewohnliche Geschaftsvorfal erganzt Tagen auf 30 Tage reduziert. le Es galt gleichermaBen die 60 5 Verscharfung der Sanktion: Fur den 5 162 Abs. 3 Satz 3 AO-E wird neu Abs.3 A0 Fall der Nichtvorlage von Dokumen- eingefuhrt Fur die fehlende Mit- wird durch ten durch ausland. nahe stehende wirkung durch ausland. nahe ste- neuen Satz 3 Person wird die Finanzbehorde er- hende Person gab es bisher keine erganztmachtigt, die Bandbreite zu Lasten Sanktionsmoglichkeit des inland. Stpfl. auszunutzen, trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnun 3. Neufas- Ausweitung des Fremdvergleich sung des 51grundsatzes:Fremdvergleichs- Abs.1 Satz1 grundsatz gilt nicht nur fur Preise, AStG sondern auch fur die zugrunde liegenden Vereinbarungen. er- Der hypothetische Fremdvergleich des51Abs. 1 gleichsgrundsatzes: Fur die Anwen- war bisher nicht gesetzlich geregelt, AStG um dung des Fre ndern beruht auf der Rechtspre- Satz 2 satzes wird auf das Prinzip des sog. chung insbesondere zur verdeckten doppelten ordentlichen und ge- Gewinnausschuttung (VGA) wissenhaften geschaftsleiters ab- gestellt. Des Weiteren wird unterstelit, dass dem hypotheti- schen fremden dritten alle wesent- ichen Umstande der Transation 5.Erganzung Konkurrenzverhaltnis zwischen 5 1 Bisher wurde das Konkurrenzver- des51Abs. 1 AStG und den Einkinftekorrektur-haltnis aufgrund der Formulierung AStG um vorschriften(vGA, VE, Entnahme)in 1 Abs. 1 (unbeschadet ander Satz 3 wird geregelt. Vorschriften")streitig diskutiert. WBNr.6vom28.3.2007 303
Im Einzelnen werden dabei folgende Maßnahmen überlegt: Änderung Maßnahme bisherige Regelung 1. § 90 Abs. 3 Satz 8 AO wird durch neuen Satz 9 ergänzt Verkürzung der Vorlagefrist: Für Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle (vgl. § 3 GAufzV) wird die Frist von 60 Tagen auf 30 Tage reduziert. Bisher gab es keine spezifische Frist zur Vorlage im Rahmen der Außenprüfung der Dokumentation für außergewöhnliche Geschäftsvorfälle. Es galt gleichermaßen die 60- Tage-Frist. 2. § 162 Abs. 3 AO wird durch neuen Satz 3 ergänzt Verschärfung der Sanktion: Für den Fall der Nichtvorlage von Dokumenten durch ausländ. nahe stehende Person wird die Finanzbehörde ermächtigt, die Bandbreite zu Lasten des inländ. Stpfl. auszunutzen, trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den inländ. Stpfl. § 162 Abs. 3 Satz 3 AO-E wird neu eingeführt. Für die fehlende Mitwirkung durch ausländ. nahe stehende Person gab es bisher keine Sanktionsmöglichkeit. 3. Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG Ausweitung des Fremdvergleichsgrundsatzes: Fremdvergleichsgrundsatz gilt nicht nur für Preise, sondern auch für die zugrunde liegenden Vereinbarungen. 4. Ergänzung des § 1 Abs. 1 AStG um Satz 2 Konkretisierung des Fremdvergleichsgrundsatzes: Für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes wird auf das Prinzip des sog. „doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ abgestellt. Des Weiteren wird unterstellt, dass dem hypothetischen fremden Dritten alle wesentlichen Umstände der Transaktion bekannt sind. Der hypothetische Fremdvergleich war bisher nicht gesetzlich geregelt, sondern beruht auf der Rechtsprechung insbesondere zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGA). 5. Ergänzung des § 1 Abs. 1 AStG um Satz 3 Konkurrenzverhältnis zwischen § 1 AStG und den Einkünftekorrekturvorschriften (vGA, vE, Entnahme) wird geregelt. Bisher wurde das Konkurrenzverhältnis aufgrund der Formulierung in § 1 Abs. 1 („unbeschadet anderer Vorschriften“) streitig diskutiert. Deutschland Allgemeines Seite 2203 | Gruppe 1 | Fach 3 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007 303
FACH GRUPPE 1 SEITE 2204 BEHANDLUNG DER FUNI 6. Neurege- Hierarchie der Verrechnungspreis--Hierarchie der Verrechnungs- preismethoden war bisher gesetzlich Abs.3Satz 1- Satz 1: Normierung des Vorrangs nicht geregelt. und 2 AStG der Preisvergleichs-, Wiederver--Tz.2.4.1 der Verwaltungsgrund- kaufspreis-und Kostenaufschlags-satze zur Einkunftsabgrenzung vom methode, wenn Fremdvergleichs-2321983(BStBl I 1983, S 218) werte ermittelbar sind Mehrere bringt zum Ausdruck, dass es eine Fremdvergleichswerte bilden Band- Rangfolge fur die Prufung der Ein breite kunftsabgrenzung der Sta Satz 2: Wenn Fremdvergleichs- thoden nicht gibt. werte nicht ermittelbar sind ist eine andere- geeignete- Verrech- nungspreismethode anzuwenden Neurege- Normierung der Ban e-" Bandbreitenbetrachtung wurde lung des 51 trachtung bisher nur in den vGv(vgl Abs.3Satz3-Satz 3: Eine Bandbreite mehrerer Tz. 3.4. 12.5)geregelt. und 4 AStG eingeschrankt vergleichbarer Fremd- - Eine Korrektur wurde - auf der vergleichswerte i 5. des Satz 2 ist Grundlage der Rechtsprechung des einzuengen. BFH.17.10.2001R103/00)-nun Satz 4: Ein fur die Einkunfteer- auf den gunstigsten Punkt innerhalb mittlung auBerhalb der Bandbreite der Bandbreite als zulassig erachtet. eingeschrankten Bandbreite i. S de Satz 2 gewahlter Wert ist auf den Median anzupassen lung des 5 1 vergleichbare Fremdvergleichswerte bisher gesetzlich nicht geregelt. Neurege- Fur den Fall, dass eing Abs. 3 Satz 5 nicht ermittelt werden konnen, soll bis 8 AStG ein hypothetischer Fremdvergleich S des 5 1 Abs. 1 Satz 2 AStG-E zur Anwendung kommen Anwendung des m doppelten or dentlichen und gewissenhaften Ge- schaftsleiter-Konzepts soll zu Einigungsbereich fuhren(aufgrund Funktions- und Risikoanalyse und Planrechnungen; Mindestpreis des 304 wBNr.6vom28.3.2007
6. Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 AStG Hierarchie der Verrechnungspreismethoden: ˘ Satz 1: Normierung des Vorrangs der Preisvergleichs-, Wiederverkaufspreis- und Kostenaufschlagsmethode, wenn Fremdvergleichswerte ermittelbar sind. Mehrere Fremdvergleichswerte bilden Bandbreite. ˘ Satz 2: Wenn Fremdvergleichswerte nicht ermittelbar sind, ist eine andere – geeignete – Verrechnungspreismethode anzuwenden. ˘ Hierarchie der Verrechnungspreismethoden war bisher gesetzlich nicht geregelt. ˘ Tz. 2.4.1 der Verwaltungsgrundsätze zur Einkunftsabgrenzung vom 23.2.1983 (BStBl I 1983, S. 218) bringt zum Ausdruck, dass es eine Rangfolge für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung der Standardmethoden nicht gibt. 7. Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 3 und 4 AStG Normierung der Bandbreitenbetrachtung: ˘ Satz 3: Eine Bandbreite mehrerer eingeschränkt vergleichbarer Fremdvergleichswerte i. S. des Satz 2 ist einzuengen. ˘ Satz 4: Ein für die Einkünfteermittlung außerhalb der Bandbreite i. S. des Satz 1 bzw. außerhalb der eingeschränkten Bandbreite i. S. des Satz 2 gewählter Wert ist auf den Median anzupassen. ˘ Bandbreitenbetrachtung wurde bisher nur in den VGV (vgl. Tz. 3.4.12.5) geregelt. ˘ Eine Korrektur wurde – auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH (v. 17.10.2001, I R 103/00) – nur auf den günstigsten Punkt innerhalb der Bandbreite als zulässig erachtet. 8. Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 5 bis 8 AStG Für den Fall, dass eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte nicht ermittelt werden können, soll ein hypothetischer Fremdvergleich i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG-E zur Anwendung kommen: ˘ Anwendung des „doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter“-Konzepts soll zu Einigungsbereich führen (aufgrund Funktions- und Risikoanalyse und Planrechnungen; Mindestpreis des Hypothetischer Fremdvergleich war bisher gesetzlich nicht geregelt. Fach 3 | Gruppe 1 | Seite 2204 Behandlung der Funktionsverlagerungen 304 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007
DEUTSCHLAND Allgemeines SEITE 2205 GRUPPE 1 FACH eistenden und Hochstpreis des Leistungsempfangers ermitteln). Es soll grundsatzlich der Preis des fur den die hochste Wahrscheinlich- keit spricht. b Macht der Stpfl keinen andere glaubhaft, ist der Mittelwert pfl. unzutreffend bestimmt wurde kann auf Einkunfteberichti- gung verzichtet werden wenn der vom Stpfl. gewahlte Wert innerhalb des zutreffenden Einigungsbereichs liegt(Ermesser 9. Neurege- Funktionsverlagerung: Bewertung der Funktionsverlage lung des 5 1 -Im Fall der Verlagerung einer rung auf der Basis des Transfer- Abs.3 betrieblichen Funktion einschlieBlich pakets im Sinne einer der dazugehorigen Chancen und Ertragswertbetrachtung wird erst- Risiken und der ubertragenen oder mals gesetzlich normiert. uberlassenen Wirtschaftsguter und sonstigen Vorteile( neu eingefuhr te Legaldefinition der Funktionsver ungsbereich auf der Grundlage der Verlagerung einer Funktion als Ganzes(= neu einge- uhrte pakets)bestimmt. Bewertung des Einigungsberei muss unter Berucksichtigung funk- tions-und risikoadaquater Kapital 10. Neurege-Sog. Escapeklausel zu Transferpreis- Neuregelung(siehe zuvor Nr. 9). lung des 5 1 paketbestimmung nach 5 1 Abs. 3 Abs. 3 Satz 9 AstG-E: Bestimmung von Satz 10 AStG Verrechnungspreisen fur einze Wirtschaftsguter und Dienstleistun- WBNr.6vom28.3.2007 305
Leistenden und Höchstpreis des Leistungsempfängers ermitteln). ˘ Es soll grundsätzlich der Preis des Einigungsbereichs maßgeblich sein, für den die höchste Wahrscheinlichkeit spricht. ˘ Macht der Stpfl. keinen anderen Wert glaubhaft, ist der Mittelwert maßgeblich. ˘ Sofern Einigungsbereich durch den Stpfl. unzutreffend bestimmt wurde, kann auf Einkünfteberichtigung verzichtet werden, wenn der vom Stpfl. gewählte Wert innerhalb des zutreffenden Einigungsbereichs liegt (Ermessen). 9. Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG Funktionsverlagerung: ˘ Im Fall der Verlagerung einer betrieblichen Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken und der übertragenen oder überlassenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile (= neu eingeführte Legaldefinition der Funktionsverlagerung) wird Einigungsbereich auf der Grundlage der Verlagerung einer Funktion als Ganzes (= neu eingeführte Legaldefinition des Transferpakets) bestimmt. ˘ Bewertung des Einigungsbereichs muss unter Berücksichtigung funktions- und risikoadäquater Kapitalisierungszinssätze erfolgen. Bewertung der Funktionsverlagerung auf der Basis des Transferpakets im Sinne einer Ertragswertbetrachtung wird erstmals gesetzlich normiert. 10. Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG Sog. Escapeklausel zu Transferpreispaketbestimmung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E: Bestimmung von Verrechnungspreisen für einzelne Wirtschaftsgüter und DienstleistunNeuregelung (siehe zuvor Nr. 9). Deutschland Allgemeines Seite 2205 | Gruppe 1 | Fach 3 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007 305
FACH GRUPPE 1 SEITE 2206 BEHANDLUNG DER FUNI VERLAGERUNGE gen( Einzelbetrachtung) soll an Stel le des Transferral Fallen (alternativ)bei Glaubhaftmachung moglich sein mit der funktion sind keine wesentlichen immateriellen wirt- schaftsguter und Vorteile berge- gange Gesamtergebnis der Einzelwert wirtschaftsguter und Dienstleistun- gen entspricht- gemessen an der Transferpreispaketbestimmung dem Fremdvergleichsgrundsatz 1. Neurege- Preisanpassungsklausel Neuregelung (siehe zuvor Nr. 9, 10) lung des 51-Im Falle eines wesentlichen im Abs.3 materiellen Wirtschaftsgutes gilt die Satz 11 und widerlegbare Vermutung, dass zum 12 AStG Zeitpunkt des Geschaftsabschlusses Unsicherheiten im Hinblick auf Preisvereinbarungen bestanden und fremde Dritte eine Anpassungsre- gelung vereinbart hatten Dies sol gelten, wenn die tatsachliche spa- tere Gewinnentwicklung von der Gewinnabwicklung abweicht, die zugrunde lag. Falls Anpassungsregelung fehlt und innerhalb der ersten zehn Jahre nach Geschaftsabschluss eine hebliche Abweichung eintritt, ist einmalig ein angemessener Anpas- sungsbetrag auf den ursprunglichen Verrechnungspreis der Besteuerung des Jahres zugrunde zu legen, das dem Jahr der Abweichung folgt wBNr.6vom28.3.2007
gen (Einzelbetrachtung) soll an Stelle des Transferpakets in zwei Fällen (alternativ) bei Glaubhaftmachung möglich sein: ˘ Mit der Funktion sind keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile übergegangen. ˘ Gesamtergebnis der Einzelwertbestimmung der übergegangenen Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen entspricht – gemessen an der Transferpreispaketbestimmung – dem Fremdvergleichsgrundsatz. 11. Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG Preisanpassungsklausel: ˘ Im Falle eines wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgutes gilt die widerlegbare Vermutung, dass zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses Unsicherheiten im Hinblick auf Preisvereinbarungen bestanden und fremde Dritte eine Anpassungsregelung vereinbart hätten. Dies soll gelten, wenn die tatsächliche spä- tere Gewinnentwicklung von der Gewinnabwicklung abweicht, die der Verrechnungspreisbestimmung zugrunde lag. ˘ Falls Anpassungsregelung fehlt und innerhalb der ersten zehn Jahre nach Geschäftsabschluss eine erhebliche Abweichung eintritt, ist einmalig ein angemessener Anpassungsbetrag auf den ursprünglichen Verrechnungspreis der Besteuerung des Jahres zugrunde zu legen, das dem Jahr der Abweichung folgt. Neuregelung (siehe zuvor Nr. 9, 10). Fach 3 | Gruppe 1 | Seite 2206 Behandlung der Funktionsverlagerungen 306 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007
DEUTSCHLAND Allgemeines SEITE 2207 GRUPPE 1 FACH 3 12. Neurege-Ermachtigung des BMF, durch Neuregelung(siehe zuvor Nr. 9, 10, lung des 5 1 Rechtsverordnung Einzelheiten zum 11) Abs. 3 Fremdvergleichsgrundsatz i. S des Satz 13 AStG5 1 Abs. 1 sowie des Abs. 3 Satz 1 bis 12 AStG-EzU r 13. Neufas-Bisheriger Abs 3 wird neuer Abs. 4 sung des Schatzung i S des 5 162 Abs. 2 AO soll mindestens von einer durch- 1 Abs. 3 chnittlichen Umsatzrendite auge AStG n oder von einer Verzinsung des im Unternehmen eingesetzten Ka- pitals, die unter Berucksichtigung des Funktions-und Risikoprofils und der eingesetzten Wirtschaftsguter zu erwarten ist 14. Neufas- Definition der auBergewohnlichen Klarstellung/teilweise Neuregelung sung des 53 Geschaftsvorfalle wird konkretisiert Abs. 2 Nun soll zu auBergewohnlichen Ge- GAuzy schaftsvorfallen auch der abschluss on Umlagevertragen gehoren 15. Neurege- Vorlage von Aufzeichnungen uberNeuregelung lung des 55 Forschungsvorhaben und laufende Satz 2 Ziff. 6 Forschungstatigkeiten im Falle von GAufzV Funktions- und Risikoanderungen sofern interne Unterlagen vorliegen Ill. Analyse des Gesetzesentwurfs zum Thema Funktionsverlagerung 51 AStG soll wesentlich erweitert werden, insbesondere um Funktionsverlagerungen steuer lich zu regeln. Dabei ergeben sich mehrere Problembereiche, wobei die sehr weite Definition der steuerlich relevanten Funktionsverlagerung sowie die von der Finanzverwaltung beab sichtigte Bestimmung des Entgelts auf der Basis des hypothetischen Fremdvergleichs im Vordergrund stehen. 1. Definition der Funktionsverlagerung 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E definiert als Funktionsverlagerung die Verlagerung einer Funktion einschlieSlich Chancen und Risiken und der ubertragenen oder uberlassenen Wirtschafts- guter und sonstigen Vorteile. Im Falle einer solchen Funktionsverlagerung hat der Steuer WBNr.6vom28.3.2007 307
12. Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG Ermächtigung des BMF, durch Rechtsverordnung Einzelheiten zum Fremdvergleichsgrundsatz i. S. des § 1 Abs. 1 sowie des Abs. 3 Satz 1 bis 12 AStG-E zu regeln. Neuregelung (siehe zuvor Nr. 9, 10, 11). 13. Neufassung des bisherigen § 1 Abs. 3 AStG Bisheriger Abs. 3 wird neuer Abs. 4: Schätzung i. S. des § 162 Abs. 2 AO soll mindestens von einer durchschnittlichen Umsatzrendite ausgehen oder von einer Verzinsung des im Unternehmen eingesetzten Kapitals, die unter Berücksichtigung des Funktions- und Risikoprofils und der eingesetzten Wirtschaftsgüter zu erwarten ist. 14. Neufassung des § 3 Abs. 2 GAufzV Definition der außergewöhnlichen Geschäftsvorfälle wird konkretisiert. Nun soll zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen auch der Abschluss von Umlageverträgen gehören. Klarstellung/teilweise Neuregelung. 15. Neuregelung des § 5 Satz 2 Ziff. 6 GAufzV Vorlage von Aufzeichnungen über Forschungsvorhaben und laufende Forschungstätigkeiten im Falle von Funktions- und Risikoänderungen, sofern interne Unterlagen vorliegen. Neuregelung. III. Analyse des Gesetzesentwurfs zum Thema Funktionsverlagerung § 1 AStG soll wesentlich erweitert werden, insbesondere um Funktionsverlagerungen steuerlich zu regeln. Dabei ergeben sich mehrere Problembereiche, wobei die sehr weite Definition der steuerlich relevanten Funktionsverlagerung sowie die von der Finanzverwaltung beabsichtigte Bestimmung des Entgelts auf der Basis des hypothetischen Fremdvergleichs im Vordergrund stehen. 1. Definition der Funktionsverlagerung § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E definiert als Funktionsverlagerung die Verlagerung einer Funktion einschließlich Chancen und Risiken und der übertragenen oder überlassenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile. Im Falle einer solchen Funktionsverlagerung hat der SteuerDeutschland Allgemeines Seite 2207 | Gruppe 1 | Fach 3 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007 307
FACH GRUPPE 1 SEITE 2208 BEHANDLUNG DER FUNKTIONSVERLAGERUNGEN pflichtige i. d R. das Entgelt auf der Grundlage einer Verlagerung der Funktion als Ganzes Transferpaket-zu bestimmen Der Gesetzgeber unterstellt offensichtlich, dass bei einer Funktionsverlagerung fremde Dritte uberhaupt ein Entgelt vereinbaren wurden ie vorgesehene gesetzliche Definition einer Funktionsverlagerung mit einer Pflicht zur Vereinbarung eines Entgelts ist ausufernd In Zukunft musste beispielsweise bei jeder konzerinternen Vergabe von Dienstleistungen oder bei der Verteilung von Produktionsauf tragen eine Bewertung i S des 5 1 AStG-E vorgenommen werden In den meisten Fallen werden allerdings keine materiellen oder immateriellen Wirtschaftsguter ubertragen, so dass ine Gewinnrealisierung fraglich ist Der Gesetzgeber will zudem auch sonstige Vorteile einer Besteuerung zufuhren. Auch dieser Anknupfungspunkt fuhr zu einer unpraktikablen weiter Anwendung. Es lasst sich kaum abstreiten, dass die Marktteilnehmer stets Vorteile erlangen, wenn Sie Geschafte abschlieBen Andernfalls wurden Marktteilnehmer namlich gar keine Geschafte tatigen. Der Gesetzgeber ubersieht offensichtlich, dass Marktteilnehmer nur Transaktionen eingehen, wenn sie sich von dem Geschaft Vorteile versprechen. Das heiSt aber nicht, dass diese bereit waren, eine gesonderte Vergutung fur die erhaltenen Vorteile zu Das gleiche gilt fur die verlagerung von Risiken. Auch diese will der Gesetzgeber bei einer Verlagerung einer Besteuerung unterwerfen. Das ist nicht nachzuvollziehen, da auf Markten cher das genaue Gegenteil zu beobachten ist: bei Abgabe eines Risikos zahlt nicht der Risikoubernehmer eine Vergutung an den Abgebenden, sondern der Abgebende wird an den Ubernehmenden ein Entgelt zu entrichten haben Das beste Beispiel dafur sind Versiche- ungen Fur die Absicherung eines Risikos wird unzweifelhaft der Versichernde eine Pram verlangen und nicht dem Versicherten noch etwas fur die Ubernahme des Risikos zahlen Die sehr weite Definition der Funktionsverlagerung fuhrt dazu, dass jegliche Erscheinungs- form wie Funktionsausgliederung, Abspaltung, Abschmelzung sowie Verdoppelung eine Funktionsverlagerung begrundet (vgl. etwa Unterlagen der 23. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung, 1.12.2006, Referat Naumann/Frotscher). Besonders problema- tisch erscheint, dass zur Funktionsverlagerung wohl auch die Funktionsverdoppelung gehort (z B. Lizenzierung von Produkten an ein Schwesterunternehmen der deutschen Gesellschaft) Ein fremder Dritter wird jedoch i d.R. keinen rechtlichen Anspruch darauf haben, dass eine Funktion nicht auch zusatzlich von einem anderen Unternehmen wahrgenommen wird Eine Beurteilung auf der Basis des vorgesehenen Transferpakets kann nicht in Frage kommen. Es kann nur darum gehen, ob dabei Wirtschaftsguter verlagert werden, die zweifelsohne Es ist daher davon auszugehen, dass eine unuberschaubare Zahl von Fallen mit der Betrieb prufung und mit den beteiligten Finanzverwaltungen im Rahmen von Verstandigungsver 308 wBNr.6vom28.3.2007
pflichtige i. d. R. das Entgelt auf der Grundlage einer Verlagerung der Funktion als Ganzes – Transferpaket – zu bestimmen. Der Gesetzgeber unterstellt offensichtlich, dass bei einer Funktionsverlagerung fremde Dritte überhaupt ein Entgelt vereinbaren würden. Die vorgesehene gesetzliche Definition einer Funktionsverlagerung mit einer Pflicht zur Vereinbarung eines Entgelts ist ausufernd. In Zukunft müsste beispielsweise bei jeder konzerinternen Vergabe von Dienstleistungen oder bei der Verteilung von Produktionsaufträgen eine Bewertung i. S. des § 1 AStG-E vorgenommen werden. In den meisten Fällen werden allerdings keinemateriellen oder immateriellenWirtschaftsgüter übertragen, so dass eine Gewinnrealisierung fraglich ist. Der Gesetzgeber will zudem auch sonstige Vorteile einer Besteuerung zuführen. Auch dieser Anknüpfungspunkt führt zu einer unpraktikablen weiten Anwendung. Es lässt sich kaum abstreiten, dass die Marktteilnehmer stets Vorteile erlangen, wenn Sie Geschäfte abschließen. Andernfalls würden Marktteilnehmer nämlich gar keine Geschäfte tätigen. Der Gesetzgeber übersieht offensichtlich, dass Marktteilnehmer nur Transaktionen eingehen, wenn sie sich von dem Geschäft Vorteile versprechen. Das heißt aber nicht, dass diese bereit wären, eine gesonderte Vergütung für die erhaltenen Vorteile zu vereinbaren. Das Gleiche gilt für die Verlagerung von Risiken. Auch diese will der Gesetzgeber bei einer Verlagerung einer Besteuerung unterwerfen. Das ist nicht nachzuvollziehen, da auf Märkten eher das genaue Gegenteil zu beobachten ist: bei Abgabe eines Risikos zahlt nicht der Risikoübernehmer eine Vergütung an den Abgebenden, sondern der Abgebende wird an den Übernehmenden ein Entgelt zu entrichten haben. Das beste Beispiel dafür sind Versicherungen. Für die Absicherung eines Risikos wird unzweifelhaft der Versichernde eine Prämie verlangen und nicht dem Versicherten noch etwas für die Übernahme des Risikos zahlen. Die sehr weite Definition der Funktionsverlagerung führt dazu, dass jegliche Erscheinungsform wie Funktionsausgliederung, Abspaltung, Abschmelzung sowie Verdoppelung eine Funktionsverlagerung begründet (vgl. etwa Unterlagen der 23. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung, 1.12.2006, Referat Naumann/Frotscher). Besonders problematisch erscheint, dass zur Funktionsverlagerung wohl auch die Funktionsverdoppelung gehört (z. B. Lizenzierung von Produkten an ein Schwesterunternehmen der deutschen Gesellschaft). Ein fremder Dritter wird jedoch i. d. R. keinen rechtlichen Anspruch darauf haben, dass eine Funktion nicht auch zusätzlich von einem anderen Unternehmen wahrgenommen wird. Eine Beurteilung auf der Basis des vorgesehenen Transferpakets kann nicht in Frage kommen. Es kann nur darum gehen, ob dabei Wirtschaftsgüter verlagert werden, die zweifelsohne zu vergüten wären. Es ist daher davon auszugehen, dass eine unüberschaubare Zahl von Fällen mit der Betriebsprüfung und mit den beteiligten Finanzverwaltungen im Rahmen von VerständigungsverFach 3 | Gruppe 1 | Seite 2208 Behandlung der Funktionsverlagerungen 308 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007
DEUTSCHLAND Allgemeines SEITE 209 GRUPPE 1 FACH 3 fahren gelost werden mussten. Das deutsche Besteuerungsrecht wird vermutlich nur durch- setzbar sein, soweit materielle oder immaterielle Wirtschaftsguter ubertragen werden. Insofern muss eine Besteuerung von sonstigen Vorteilen, Chancen und Risiken von der Neuregelung ausgenommen werden 2. Bestimmung des Entgelts fur die Funktionsverlagerung ch dem Willen des Gesetzgebers soll der Steuerpflichtige das Entgelt fur die Funktions- verlagerung auf der Grundlage einer Bewertung als Ganzes-Transferpaket-bestimmen(51 Abs. 3 Satz 9 AStG-E). Zur Einordnung der Bestimmung des 5 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E soll zunachst die Struktur des 51 Abs. 3 Satz1 bis 5 AStG-E insgesamt dargestelltwerden51 Abs. 3 Satz 1 bis 5 AStG-E beruht auf folgendem Stufenverhaltnis zur Konkretisierung des Fremd- vergleichsgrundsatzes Satz 1: Wenn Fremdvergleichswerte ermittelt werden konnen, hat der Steuerpflichtige seinen Verrechnungspreis vorrangig nach der Preisvergleichs-, Wiederverkaufspreis-oder Kostenaufschlagsmethode zu bestimmen. atz 2: Wenn solche Fremdvergleichswerte nicht ermittelt werden konnen, jedoch ein geschrankt vergleichbare Fremdvergleichswerte(z B Preise, Bruttomargen, Kostenauf- schlagsatze, Provisionssatze-vgl Begrundung zum Ges-E, zu Artikel 7 [5 1 AuBensteuer gesetz]zu Nummer 2, Satz 2, S146)zur Verfugung stehen, ist der Verrechnungspreis nach einer geeigneten Verrechnungspreismethode zu ermitteln b Satz 5: Sind uneingeschrankt und eingeschrankt vergleichbare Fremdvergleichswerte( tatsachlicher Fremdvergleich auf der Basis empirisch feststellbarer Fremdvergleichs- erte)nicht ermittelbar, ist gem. 5 1 Abs. 3 Satz 5 AStG-E der, hypothetische"Fremd- vergleich durchzufuhren. Auf der Grundlage des in der Rechtsprechung entwickelten Instituts des doppelten und ordentlichen Geschaftsleiters"soll in den Fallen, in denen es an tatsachlichen VergleichsmaBstaben fehlt, eine Simulation des Preisbildungsprozesse rfolgen. Dabei soll der hypothetische Fremdvergleich als Denkmodell verstanden wer den, wobei durch, Nachdenken "der anzuwendende Verrechnungspreis bestimmt wird (vgl. Wassermeyer, in: Schaumburg(Hrsg. ) a. a. O, S. 127, 135; vgl. auch Baumhoff, in Flick/Wassermeyer/Baumhoff(Hrsg. ) aa O,$ 1 AStG, Anm. 361) Die vom Gesetzgeber aufgestellte Systematik sowie die gewahlte Formulierung ist u. E problematisch. Die Formulierung des 5 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E lasst bei erster Betrachtung aufgrund der konditionalen Verknupfung den Schluss zu, dass das Entgelt fur die Verlagerung auf der Basis des hypothetischen Fremdvergleichs zu ermitteln sei, und zwar als Entgelt auf der Grundlage der Funktion als Ganzes( Transferpaket; vgl. nachfolgend lll. 2. a)). Dies kann jedoch aufgrund des zuvor aufgezeigten Stufenverhaltnisses nicht gemeint sein Sind in inem Fall der Funktionsverlagerung Fremdvergleichswerte verfugbar, dann ist systematisch winged ein Fall des 5 1 Abs. 3 Satz 1 bzw. Satz 2 AStG-E gegeben Das wiederum bedeutet WBNr.6vom28.3.2007 309
fahren gelöst werden müssten. Das deutsche Besteuerungsrecht wird vermutlich nur durchsetzbar sein, soweit materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter übertragen werden. Insofern muss eine Besteuerung von sonstigen Vorteilen, Chancen und Risiken von der Neuregelung ausgenommen werden. 2. Bestimmung des Entgelts für die Funktionsverlagerung Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Steuerpflichtige das Entgelt für die Funktionsverlagerung auf der Grundlage einer Bewertung als Ganzes – Transferpaket – bestimmen (§ 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E). Zur Einordnung der Bestimmung des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E soll zunächst die Struktur des § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 5 AStG-E insgesamt dargestelltwerden. § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 5 AStG-E beruht auf folgendem Stufenverhältnis zur Konkretisierung des Fremdvergleichsgrundsatzes: ˘ Satz 1: Wenn Fremdvergleichswerte ermittelt werden können, hat der Steuerpflichtige seinen Verrechnungspreis vorrangig nach der Preisvergleichs-,Wiederverkaufspreis- oder Kostenaufschlagsmethode zu bestimmen. ˘ Satz 2: Wenn solche Fremdvergleichswerte nicht ermittelt werden können, jedoch eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte (z. B. Preise, Bruttomargen, Kostenaufschlagsätze, Provisionssätze – vgl. Begründung zum Ges-E, zu Artikel 7 [§ 1 Außensteuergesetz] zu Nummer 2, Satz 2, S. 146) zur Verfügung stehen, ist der Verrechnungspreis nach einer geeigneten Verrechnungspreismethode zu ermitteln. ˘ Satz 5: Sind uneingeschränkt und eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte (= tatsächlicher Fremdvergleich auf der Basis empirisch feststellbarer Fremdvergleichswerte) nicht ermittelbar, ist gem. § 1 Abs. 3 Satz 5 AStG-E der „hypothetische“ Fremdvergleich durchzuführen. Auf der Grundlage des in der Rechtsprechung entwickelten Instituts des „doppelten und ordentlichen Geschäftsleiters“ soll in den Fällen, in denen es an tatsächlichen Vergleichsmaßstäben fehlt, eine Simulation des Preisbildungsprozesses erfolgen. Dabei soll der hypothetische Fremdvergleich als Denkmodell verstanden werden, wobei durch „Nachdenken“ der anzuwendende Verrechnungspreis bestimmt wird (vgl. Wassermeyer, in: Schaumburg (Hrsg.), a. a. O., S. 127, 135; vgl. auch Baumhoff, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff (Hrsg.), a. a. O., § 1 AStG, Anm. 361). Die vom Gesetzgeber aufgestellte Systematik sowie die gewählte Formulierung ist u. E. problematisch. Die Formulierung des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E lässt bei erster Betrachtung aufgrund der konditionalen Verknüpfung den Schluss zu, dass das Entgelt für die Verlagerung auf der Basis des hypothetischen Fremdvergleichs zu ermitteln sei, und zwar als Entgelt auf der Grundlage der Funktion als Ganzes (= Transferpaket; vgl. nachfolgend III. 2. a)). Dies kann jedoch aufgrund des zuvor aufgezeigten Stufenverhältnisses nicht gemeint sein. Sind in einem Fall der Funktionsverlagerung Fremdvergleichswerte verfügbar, dann ist systematisch zwingend ein Fall des § 1 Abs. 3 Satz 1 bzw. Satz 2 AStG-E gegeben. Das wiederum bedeutet, Deutschland Allgemeines Seite 2209 | Gruppe 1 | Fach 3 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007 309
FACH GRUPPE 1 SEITE 2210 BEHANDLUNG DER FUNKTIONSVERLAGERUNGEN dass in diesen Fallen bereits gar kein Fall des hypothetischen Fremdvergleichs vorliegt. 5 1 Abs. 3 Satz 5 und 9 AStG-E sind in diesen Fallen tatbestandlich nicht einschlagig Die Basis der Bestimmung des Transferpakets wiederum bildet nach der Ansicht des Gesetz- gebers das sog. Gewinnpotenzial (vgl. nachfolgend Ill. 2. b)), definiert als die Gewinner- artungen der Funktionsverlagerung fur das verlagernde und das ubernehmende Unter- nehmen(vgl. Begrundung zum Ges-E, zu Artikel 7 [5 1 AuBensteuergesetz]zu Nummer 2, Satz 9, S. 147) Daraus soll sich schlieBlich der Einigungsbereich(vgl. nachfolgend ll. 2. c))ergeben. Der Einigungsbereich soll sich bestimmen als der Bereich zwischen dem Mindestentgelt, zu dem das verlagernde Unternehmen gerade bereit sein wird, die Funktion zu verlagern, und dem HOchstpreis, dass das aufnehmende Unternehmen noch bereit sein wird zu entrichten Die Bestimmung soll noch dadurch eingeschrankt werden, dass dem aufnehmenden Unter nehmen auf der Grundlage einer Investitionsrechnung voraussichtlich eine funktions-und risikoadaquate Kapitalverzinsung verbleibt (vgl. Begrundung zum Ges-E, zu Artikel 7 [51 AuBensteuergesetz] zu Nummer 2, Satz 9, S. 148). Nachfolgend soll zu den einzelnen Bestandteilen Stellung genommen werden a)Beurteilung des Transferpakets Mit der Einfuhrung des Transferpakets in 5 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E wird der Grundsatz der Einzelbewertung ins Gegenteil verkehrt Es sollen ubertragene Wirtschaftsguter, Chancen und Risiken als Einheit Ganzes")bewertet werden Eine zusammengefasste Bewertung kann zwar aus Praktikabilitatserwagungen teilweise zweckmaBig sein, aber diese ist grund- satzlich gegenuber der Einzelbewertung nachrangig In der Diskussion, die sich in den letzten Monaten zum Thema Funktionsverlagerung (vgl. Podiumsdiskussion, Verrechnungspreise und Verrechnungspreisdokumentation, WPg- Sonderheft 2006, S 131 ff. Ditz, DStR 2006, S. 1625 ff. Schreiber, Seminar Internationale Verrechnungspreise, Aktuelle Entwicklungen bei Verrechnungspreisen, Januar 2007; Unterlagen der 23. Hamburger Tagung zur Internationa- len Besteuerung, 1.12. 2006, Referat Naumann/Frotscher) ergeben hat, wurde zunachst offensichtlich auch angedacht, eine Einzelbewertung gar nicht zuzulassen. Die Diskussion hat den Gesetzgeber aber scheinbar veranlasst, eine sog. Escapeklausel einzubauen(vgl. dazu noch nachfolgend Ill. 3. ) Letztendlich kommt auch die Finanzverwaltung nicht umhin, das .Transferpaket" auf einzelne Wirtschaftsguter aufzuteilen. Es ist nicht ersichtlich, warum nicht alternativ Wirtschaftsguter einzeln bewertet werden konnen Nach Ansicht des Gesetzgebers ist als Funktion ein organischer Teil des Unternehmens anzusehen, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen musste(vgl. Begrundung zum Ges-E, zu Artikel 7[5 1 Au Bensteuergesetz]zu Nummer 2, Satz 9, S 147). Die Finanzver 310 wBNr.6vom28.3.2007
dass in diesen Fällen bereits gar kein Fall des hypothetischen Fremdvergleichs vorliegt. § 1 Abs. 3 Satz 5 und 9 AStG-E sind in diesen Fällen tatbestandlich nicht einschlägig. Die Basis der Bestimmung des Transferpakets wiederum bildet nach der Ansicht des Gesetzgebers das sog. Gewinnpotenzial (vgl. nachfolgend III. 2. b)), definiert als die Gewinnerwartungen der Funktionsverlagerung für das verlagernde und das übernehmende Unternehmen (vgl. Begründung zum Ges-E, zu Artikel 7 [§ 1 Außensteuergesetz] zu Nummer 2, Satz 9, S. 147). Daraus soll sich schließlich der Einigungsbereich (vgl. nachfolgend III. 2. c)) ergeben. Der Einigungsbereich soll sich bestimmen als der Bereich zwischen dem Mindestentgelt, zu dem das verlagernde Unternehmen gerade bereit sein wird, die Funktion zu verlagern, und dem Höchstpreis, dass das aufnehmende Unternehmen noch bereit sein wird zu entrichten. Die Bestimmung soll noch dadurch eingeschränkt werden, dass dem aufnehmenden Unternehmen auf der Grundlage einer Investitionsrechnung voraussichtlich eine funktions- und risikoadäquate Kapitalverzinsung verbleibt (vgl. Begründung zum Ges-E, zu Artikel 7 [§ 1 Außensteuergesetz] zu Nummer 2, Satz 9, S. 148). Nachfolgend soll zu den einzelnen Bestandteilen Stellung genommen werden. a) Beurteilung des Transferpakets Mit der Einführung des Transferpakets in § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG-E wird der Grundsatz der Einzelbewertung ins Gegenteil verkehrt. Es sollen übertragene Wirtschaftsgüter, Chancen und Risiken als Einheit („Ganzes“) bewertet werden. Eine zusammengefasste Bewertung kann zwar aus Praktikabilitätserwägungen teilweise zweckmäßig sein, aber diese ist grundsätzlich gegenüber der Einzelbewertung nachrangig. In der Diskussion, die sich in den letzten Monaten zum Thema Funktionsverlagerung (vgl. Podiumsdiskussion, Verrechnungspreise und Verrechnungspreisdokumentation, WPg-Sonderheft 2006, S. 131 ff.; Ditz, DStR 2006, S. 1625 ff.; Schreiber, Seminar Internationale Verrechnungspreise, Aktuelle Entwicklungen bei Verrechnungspreisen, Januar 2007; Unterlagen der 23. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung, 1.12.2006, Referat Naumann/Frotscher) ergeben hat, wurde zunächst offensichtlich auch angedacht, eine Einzelbewertung gar nicht zuzulassen. Die Diskussion hat den Gesetzgeber aber scheinbar veranlasst, eine sog. Escapeklausel einzubauen (vgl. dazu noch nachfolgend III. 3.). Letztendlich kommt auch die Finanzverwaltung nicht umhin, das „Transferpaket“ auf einzelne Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Es ist nicht ersichtlich, warum nicht alternativ Wirtschaftsgüter einzeln bewertet werden können. Nach Ansicht des Gesetzgebers ist als Funktion ein organischer Teil des Unternehmens anzusehen, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen müsste (vgl. Begründung zum Ges-E, zu Artikel 7 [§ 1 Außensteuergesetz] zu Nummer 2, Satz 9, S. 147). Die FinanzverFach 3 | Gruppe 1 | Seite 2210 Behandlung der Funktionsverlagerungen 310 IWB Nr. 6 vom 28.3.2007