AuBensteuerrecht 3 Deutschland Gemeinschaftsrecht und s 1 AStG Gruppe1·sete1761 Gemeinschaftsrechtliche Bedenken des bfH gegen§1AstG Anm. zu BFH vom 21. 6. 2001 (B 141/00)- von StB DipL. -Kfm. Axel Eigelshoven Deloitte Touche, Dusseldorf Gelt ch: Deutschland Rechtsgrundlagen: S 1 AStG Literatur: Dautzenberg/gocksch, Die s 1 AStG, BB 2000, 90 ung nach S 1 AStG Die Fortentwicklung der Besteuerung von Auslandsbeziehungen, IstR In seinem Beschluss vom 21. 6. 2001 bestatigt der BFH seine schon zuvor ge- auBerten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendbarkeit des s 1 AStG(vgl. DStR 2001, 1290; vgl. bereits BFH vom 29. 11. 2000, DStR 2001, 737). Er teilt damit die herrschende auffassung in der Literatur, die schon seit inger Zeit auf die europarechtliche Problematik des 5 1 AStG hingewiesen at (vgl. Dautzenberg/Gocksch, aa O, 908 ff.; Herlinghaus, aa O, 241 Koplin/Sedemund, a a O, 307: Wassermeyer, a a O, 113: ders, in Flick assermeyer/Baumhoff, s 1 AStG Anm. 816. 1) I. Sachverhalt In dem Fall des BFH unterhielt ein franzosischer Staatsburger einen Han- delsbetrieb in Deutschland. Er verkaufte waren uber den wiederbeschaf fungskosten des deutschen Betriebs aber unter dem Fremdvergleichspreis an eine Betriebe nach Frankreich und Martinique. Die besondere Problematik des Falles ergibt sich aus einer Divergenz zwischen dem Teilwertbegriff, der der Bewertung von Entnahmen gem S 4 Abs. 1 EStG i. V.m. s6 Abs. I Nr 4 EStG zugrunde liegt und dem Fremdvergleichspreis, der inS 1 AStG, in Art. 7 Abs.2 bzw in Art. 9 Abs. I des oeCd-MA verankert ist. Der Teilwert fu Wirtschaftsguter des vorratsvermogens entspricht regelmabig den wieder chaffungskosten des Betriebs, aus dem das wirtschaftsgut entnommen wird und beinhaltet regelmabig kein Gewinnelement (vgl. R 36 Abs. 2 EStR). Der Fremdvergleichspreis sieht in der Regel eine Gewinnk vor eine einkunftskorrektur zum teilwert lief daher im fall des bfh in Leere; eine Korrektur konnte nur dann erfolgen, wenn diese auf s 1 AStG gestutzt werden konnte I Beschluss des bfh Im Fall des BFH birgt S 1 AStG zwei relevante Probleme: Zunachst AStG nach seinem Wortlaut nur unbeschadet anderer Vorschriften Bisher ist das verhaltnis zwischen s 1 AStG und den Entnahmevorschriften umstritten(vgl. hierzu bereits BFH vom 17.12. 1997, BStBl 1998 I, 321: Ba anowski, IWB E 3a Gr. 1. 672: Dautzenberg/Gocksch, aa 0., 909; Runds- en, a a.O., 241: Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, 5 1 ASt IWB Nr 16 vom 22.8. 2001
Außensteuerrecht Gemeinschaftsrecht und § 1 AStG 3 Deutschland Gruppe 1 · Seite 1761 Gemeinschaftsrechtliche Bedenken des BFH gegen § 1 AStG — Anm. zu BFH vom 21. 6. 2001 (I B 141/00) — von StB Dipl.-Kfm. Axel Eigelshoven Deloitte & Touche, Düsseldorf Geltungsbereich: Deutschland. Rechtsgrundlagen: § 1 AStG. Literatur: D a u t z e n b e r g / G o c k s c h , Die europarechtliche Problematik des § 1 AStG, BB 2000, 904; H e r l i n g h a u s , Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 1 AStG mit dem Europarecht, FR 2001, 241; Köplin/ S e d e m u n d , Ist § 1 AStG europarechtswidrig?, IStR 2000, 305; Rundshag e n , Zum Verhältnis § 1 AStG und Entnahme, IStR 1998, 240; W asserm e y e r , Die Fortentwicklung der Besteuerung von Auslandsbeziehungen, IStR 2001, 113. In seinem Beschluss vom 21. 6. 2001 bestätigt der BFH seine schon zuvor ge- äußerten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 1 AStG (vgl. DStR 2001, 1290; vgl. bereits BFH vom 29. 11. 2000, DStR 2001, 737). Er teilt damit die herrschende Auffassung in der Literatur, die schon seit einiger Zeit auf die europarechtliche Problematik des § 1 AStG hingewiesen hat (vgl. Dautzenberg/Gocksch, a. a. O., 908 ff.; Herlinghaus, a. a. O., 241; Köplin/Sedemund, a. a. O., 307; Wassermeyer, a. a. O., 113; ders., in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG Anm. 816.1). I. Sachverhalt In dem Fall des BFH unterhielt ein französischer Staatsbürger einen Handelsbetrieb in Deutschland. Er verkaufte Waren über den Wiederbeschaffungskosten des deutschen Betriebs aber unter dem Fremdvergleichspreis an seine Betriebe nach Frankreich und Martinique. Die besondere Problematik des Falles ergibt sich aus einer Divergenz zwischen dem Teilwertbegriff, der der Bewertung von Entnahmen gem. § 4 Abs. 1 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG zugrunde liegt und dem Fremdvergleichspreis, der in § 1 AStG, in Art. 7 Abs. 2 bzw. in Art. 9 Abs. 1 des OECD-MA verankert ist. Der Teilwert für Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entspricht regelmäßig den Wiederbeschaffungskosten des Betriebs, aus dem das Wirtschaftsgut entnommen wird und beinhaltet regelmäßig kein Gewinnelement (vgl. R 36 Abs. 2 EStR). Der Fremdvergleichspreis sieht dagegen in der Regel eine Gewinnkomponente vor. Eine Einkunftskorrektur zum Teilwert lief daher im Fall des BFH ins Leere; eine Korrektur konnte nur dann erfolgen, wenn diese auf § 1 AStG gestützt werden konnte. II. Beschluss des BFH Im Fall des BFH birgt § 1 AStG zwei relevante Probleme: Zunächst soll § 1 AStG nach seinem Wortlaut nur „unbeschadet anderer Vorschriften“ gelten. Bisher ist das Verhältnis zwischen § 1 AStG und den Entnahmevorschriften umstritten (vgl. hierzu bereits BFH vom 17. 12. 1997, BStBl 1998 II, 321; Baranowski, IWB F. 3a Gr. 1, 672; Dautzenberg/Gocksch, a. a. O., 909; Rundshagen, a. a. O., 241; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG IWB Nr. 16 vom 22. 8. 2001 - 793 -
Anm. 95 f. ). Im Urteilsfall berief sich der Steuerpflichtige darauf, dass grund satzlich eine Entnahme vorliegt, die gem. 56 Abs. I Nr 4 EStG mit dem Teil wert anzusetzen sei s 1 AStG sei nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur ubsidiar gelte Das Finanzamt wollte dagegen s 1 AStG generell dann an- enden, wenn die Rechtsfolge (der Hohe nach) weiter als nach anderen Rechtsnormen ist Dies sollte selbst dann gelten, wenn andere Rechtsnormen (dem Grunde nach) anwendbar sind. Der BFH hat diese Frage im Ausset zungsverfahren offen gelassen. Lum Zweiten greift s 1 AStG nach seiner Diktion nur, wenn . Geschaftsbe ziehungen zum Ausland" vorliegen. Fur einen reinen Inlandssachverhalt gilt S 1 AStG also nicht Im Fall des bFh hatte im Inland demnach keine Ein kunftskorrektur stattgefunden, weil die wirtschaftsguter uber dem Teilwert bertragen urden. Bei der Ubertragung von Wirtschaftsgutern im Inland esteht fur den Gesetzgeber auch insofern kein Handlungsbedarf, als dass bei der Uberfuhrung der Wirtschaftsguter in ein anderes inlandisches Betriebs- vermogen bei diesem die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist Bei Ubertragungen ins Ausland wollte der Gesetzgeber dagegen mit S 1 AStG die Besteuerung der stillen Reserven im Inland sicherstellen und sein in Art. 9 der Doppelbesteuerungsabkommen gewahrtes Besteuerungsrecht ausfullen (vgl. BT-Drucks. VI/2883, Rz. 15 ff. ) Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass 1 AStG bei einem grenzuberschreitenden Sachverhalt immer zu einer ho- eren Besteuerung als im Inlandsfall fuhr Dagegen wendete sich der Steuer- Grundsatzlich beschrankt das Eg-Recht die befugnisse des nationalen ge setzgebers, auch wenn die direkten Steuern nicht in die Zustandigkeit der Gemeinschaft fallen (vgl. EuGH vom 28. 10. 1999. Rs C-55/98, Vestergaard HFR 2000, 66 [Rdnr. 15: EuGH vom 28. 4. 1998, Rs. C-118/96, Safir, EWS 1998, 349 Rdnr. 21: EuGH vom 14. 2. 1995, Rs. C-279/93, Schumacker, IStR 1995, 126 [Rdnr. 21). Der BFH bestatigt zunachst, dass s 1 AStG grundsatz lich geeignet ist, gegen die Warenverkehrsfreiheit bzw gegen die Niederlas ungsfreiheit zu verstoBen (vgl. Art. 43 ff. EG n E, Art. 52 ff. EG a. E: Art. 37 ff. EG n F Art. 43 ff. EG a. E), weil vergleichbare Sachverhalte im Inlandsfall niedriger besteuert werden als im grenzuberschreitenden Fall In- sofern stimmte der bfh auch mit der vorinstanzlichen entscheidung des fg Munster uberein(vgl. FG Munster vom 31.8. 2000, EFG 2000, 1389) In einem zweiten Schritt war weiterhin zu profen, ob die Diskriminierung entsprechend der Argumentation des FG Munster- gerechtfertigt werden kann Das FG sah die Diskriminierung als unbedenklich an, weil ansonst die nationale Funktionsfahigkeit der steuerlichen Systeme in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU gefahrdet ware. Aufgrund der fehlenden Harmoni sierung der direkten Besteuerung bzw. aufgrund der unterschiedlichen Steu- rsatze in den einzelnen Mitgliedstaaten konnten Unternehmen zur Senkung nrer Steuerbelastung Gewinne verlagern Dies wurde die Funktionsfahigkeit des Binnenmarktes einschranken Zur weiteren Rechtfertigung fuhrte das Fg an, dass Deutschland mit s 1 AStG lediglich das durch Art. 5 DBA Deutsch- and-Frankreich eingeraumte Besteuerungsrecht wahrnehme(FG Munster vom 31.8. 2000, EFG 2000, 1389; vgl. hierzu kritisch Herlinghaus, a a O 242f.) Dem trat der BFHentgegen Entscheidend sei vielmehr, dass ein Steuerpflich tiger, der Geschafte zu einem Nahestehenden im EU-Ausland tatigt, steuer- 3 Deutschland
Anm. 95 f.). Im Urteilsfall berief sich der Steuerpflichtige darauf, dass grundsätzlich eine Entnahme vorliegt, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert anzusetzen sei. § 1 AStG sei nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur subsidiär gelte. Das Finanzamt wollte dagegen § 1 AStG generell dann anwenden, wenn die Rechtsfolge (der Höhe nach) weiter als nach anderen Rechtsnormen ist. Dies sollte selbst dann gelten, wenn andere Rechtsnormen (dem Grunde nach) anwendbar sind. Der BFH hat diese Frage im Aussetzungsverfahren offen gelassen. Zum Zweiten greift § 1 AStG nach seiner Diktion nur, wenn „Geschäftsbeziehungen zum Ausland“ vorliegen. Für einen reinen Inlandssachverhalt gilt § 1 AStG also nicht. Im Fall des BFH hätte im Inland demnach keine Einkunftskorrektur stattgefunden, weil die Wirtschaftsgüter über dem Teilwert übertragen wurden. Bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern im Inland besteht für den Gesetzgeber auch insofern kein Handlungsbedarf, als dass bei der Überführung der Wirtschaftsgüter in ein anderes inländisches Betriebsvermögen bei diesem die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Bei Übertragungen ins Ausland wollte der Gesetzgeber dagegen mit § 1 AStG die Besteuerung der stillen Reserven im Inland sicherstellen und sein in Art. 9 der Doppelbesteuerungsabkommen gewährtes Besteuerungsrecht ausfüllen (vgl. BT-Drucks. VI/2883, Rz. 15 ff.). Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass § 1 AStG bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt immer zu einer hö- heren Besteuerung als im Inlandsfall führt. Dagegen wendete sich der Steuerpflichtige und erkannte darin eine Verletzung seiner im EG-Recht eingeräumten Grundfreiheiten. Grundsätzlich beschränkt das EG-Recht die Befugnisse des nationalen Gesetzgebers, auch wenn die direkten Steuern nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen (vgl. EuGH vom 28. 10. 1999, Rs. C-55/98, Vestergaard, HFR 2000, 66 [Rdnr. 15]; EuGH vom 28. 4. 1998, Rs. C-118/96, Safir, EWS 1998, 349 [Rdnr. 21]; EuGH vom 14. 2. 1995, Rs. C-279/93, Schumacker, IStR 1995, 126 [Rdnr. 21]). Der BFH bestätigt zunächst, dass § 1 AStG grundsätzlich geeignet ist, gegen die Warenverkehrsfreiheit bzw. gegen die Niederlassungsfreiheit zu verstoßen (vgl. Art. 43 ff. EG n. F., Art. 52 ff. EG a. F.; Art. 37 ff. EG n. F. Art. 43 ff. EG a. F.), weil vergleichbare Sachverhalte im Inlandsfall niedriger besteuert werden als im grenzüberschreitenden Fall. Insofern stimmte der BFH auch mit der vorinstanzlichen Entscheidung des FG Münster überein (vgl. FG Münster vom 31. 8. 2000, EFG 2000, 1389). In einem zweiten Schritt war weiterhin zu prüfen, ob die Diskriminierung — entsprechend der Argumentation des FG Münster — gerechtfertigt werden kann. Das FG sah die Diskriminierung als unbedenklich an, weil ansonsten die nationale Funktionsfähigkeit der steuerlichen Systeme in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU gefährdet wäre. Aufgrund der fehlenden Harmonisierung der direkten Besteuerung bzw. aufgrund der unterschiedlichen Steuersätze in den einzelnen Mitgliedstaaten könnten Unternehmen zur Senkung ihrer Steuerbelastung Gewinne verlagern. Dies würde die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes einschränken. Zur weiteren Rechtfertigung führte das FG an, dass Deutschland mit § 1 AStG lediglich das durch Art. 5 DBA Deutschland-Frankreich eingeräumte Besteuerungsrecht wahrnehme (FG Münster vom 31. 8. 2000, EFG 2000, 1389; vgl. hierzu kritisch Herlinghaus, a. a. O., 242 f.). Dem trat der BFH entgegen. Entscheidend sei vielmehr, dass ein Steuerpflichtiger, der Geschäfte zu einem Nahestehenden im EU-Ausland tätigt, steuer- 3 Deutschland Gruppe 1 · Seite 1762 - 794 -
AuBensteuerrecht 3 Deutschland Gemeinschaftsrecht und s1 AStG Gruppe1·sete1763 lich ungunstiger behandelt wird als ein solcher, der ein solches Geschaft im Inland durchfuhrt. Eine Rechtfertigung kone bei vergleichbaren Sachver halten nur dann greifen, wenn der Eingriff in die Grundfreiheiten des Steu erpflichtigen erforderlich ist (vgl. auch Dautzenberg/Gocksch, a. a. O, 909) Dies kone allerdings nicht dadurch geschehen, dass im Inlandsfall die Be steuerung bei einem anderen Steuerpflichtigen sichergestellt wird Der BFH betont, dass eine Saldierung bei verschiedenen Steuerpflichtigen regelmaBig nicht ausreicht, um eine steuerliche Diskriminierung zu rechtfertigen. Etwas onne nur dann gelten, wenn dem steuerlichen Nachteil bei demsel uerpflichtigen ein entsprechender vorteil gegenubersteht (EuGH vOl 1999, Rs. C-294/97, Eurowings, HFR 2000, 68 41 ff. D). Zudem konne der Eingriff in die grundfreiheiten nicht mit einer gewahrleistung de Funktionsfahigkeit der Steuersysteme gerechtfertigt werden; vielmehr habe der nationale Gesetzgeber innerhalb der EG-rechtlichen Grenzen seinen Ge- taltungsspielraum auszuschopfen Der BFH-wie auch bereits das FG Munster-unterlieB es, im Aussetzungs verfahren die Rechtsfrage dem EuGH vorzulegen(vgl. Art. 234 EG n E, Art. 177 EG a. F; vgl. auch BFH vom 30. 12. 1996, BStBI 1997 IL, 466) I. Folgerungen fur die Praxis Im Hauptverfahren wird das Fg voraussichtlich den EuGH fur eine Vorabent scheidung anrufen. Sollte der EuGH S 1 AStG fur europarechtswidrig halter o wurden sich daraus weitreichende Folgerungen ergeben, auch wenn S 1 AStG bei relativ wenigen Sachverhalten greift Die meisten Falle einer Ein- kunftskorrektur betreffen den Regelungsbereich des 58 Abs. 3 Satz 2 KStG Hier geht die herrschende Meinung mittlerweile davon aus, dass die Bewer ung der verdeckten Gewinnausschuttung mit dem FremdvergleichsmaBstab ubereinstimmt, so dass s 1 AStG hier regelmaBig keine Anwendung finden wird (vgl. Baumhoff. in FS Flick, 640 ff. Rasch, Konzernverrechnungspreise im nationalen, bilateralen und europaischen Steuerrecht, 48 ff. ) Auswirkun gen durften sich insbesondere im Rahmen von Entnahmen und Einlagen be Personengesellschaften ergeben, da diese grundsatzlich mit dem Teilwert zu bewerten sind. Unterschiede zwischen dem Teilwert und dem fremdver gleichspreis konnen sich insbesondere dann ergeben, wenn-wie im Urteils Selbstkosten erbracht werden Unterschiede zum Fremdvergleichspreis kon- nensich auch im Rahmen des 5 6 Abs. 5 EStG ergeben. Allerdings waren nicht nur Personengesellschaften oder Einzelunternehmen betroffen, sondern auch Kapitalgesellschaften. Hier sind insbesondere die folgenden Falle relevant: Nutzungsuberlassung: Uberlasst eine inlandische Muttergesellschaft ei er Tochtergesellschaft Wirtschaftsguter zur Nutzung, findet keine Ein- stand einer Einlage sein konnen(vgl. BFH vom 26. 10. 1987, BStB1 1988 Il. 348). Gewahrt also eine inlandische Muttergesellschaft ihrer inlandischen Tochtergesellschaft ein zinsloses Darlehen, so erfolgt keine Einkunftskor- rektur, wahrend bei einem grenzuberschreitenden Sachverhalt 5 1 AStG greifen konnte IWB Nr 16 vom 22.8. 2001 795
lich ungünstiger behandelt wird als ein solcher, der ein solches Geschäft im Inland durchführt. Eine Rechtfertigung könne bei vergleichbaren Sachverhalten nur dann greifen, wenn der Eingriff in die Grundfreiheiten des Steuerpflichtigen erforderlich ist (vgl. auch Dautzenberg/Gocksch, a. a. O., 909). Dies könne allerdings nicht dadurch geschehen, dass im Inlandsfall die Besteuerung bei einem anderen Steuerpflichtigen sichergestellt wird. Der BFH betont, dass eine Saldierung bei verschiedenen Steuerpflichtigen regelmäßig nicht ausreicht, um eine steuerliche Diskriminierung zu rechtfertigen. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn dem steuerlichen Nachteil bei demselben Steuerpflichtigen ein entsprechender Vorteil gegenübersteht (EuGH vom 26. 10. 1999, Rs. C-294/97, Eurowings, HFR 2000, 68 [Rdnr. 41 ff.]). Zudem könne der Eingriff in die Grundfreiheiten nicht mit einer Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Steuersysteme gerechtfertigt werden; vielmehr habe der nationale Gesetzgeber innerhalb der EG-rechtlichen Grenzen seinen Gestaltungsspielraum auszuschöpfen. Der BFH — wie auch bereits das FG Münster — unterließ es, im Aussetzungsverfahren die Rechtsfrage dem EuGH vorzulegen (vgl. Art. 234 EG n. F., Art. 177 EG a. F.; vgl. auch BFH vom 30. 12. 1996, BStBl 1997 II, 466). III. Folgerungen für die Praxis Im Hauptverfahren wird das FG voraussichtlich den EuGH für eine Vorabentscheidung anrufen. Sollte der EuGH § 1 AStG für europarechtswidrig halten, so würden sich daraus weitreichende Folgerungen ergeben, auch wenn § 1 AStG bei relativ wenigen Sachverhalten greift. Die meisten Fälle einer Einkunftskorrektur betreffen den Regelungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Hier geht die herrschende Meinung mittlerweile davon aus, dass die Bewertung der verdeckten Gewinnausschüttung mit dem Fremdvergleichsmaßstab übereinstimmt, so dass § 1 AStG hier regelmäßig keine Anwendung finden wird (vgl. Baumhoff, in FS Flick, 640 ff.; Rasch, Konzernverrechnungspreise im nationalen, bilateralen und europäischen Steuerrecht, 48 ff.). Auswirkungen dürften sich insbesondere im Rahmen von Entnahmen und Einlagen bei Personengesellschaften ergeben, da diese grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten sind. Unterschiede zwischen dem Teilwert und dem Fremdvergleichspreis können sich insbesondere dann ergeben, wenn — wie im Urteilsfall — Waren zu Wiederbeschaffungskosten geliefert oder Dienstleistungen zu Selbstkosten erbracht werden. Unterschiede zum Fremdvergleichspreis können sich auch im Rahmen des § 6 Abs. 5 EStG ergeben. Allerdings wären nicht nur Personengesellschaften oder Einzelunternehmen betroffen, sondern auch Kapitalgesellschaften. Hier sind insbesondere die folgenden Fälle relevant: — Nutzungsüberlassung: Überlässt eine inländische Muttergesellschaft einer Tochtergesellschaft Wirtschaftsgüter zur Nutzung, findet keine Einkünftekorrektur statt, weil nur einlagefähige Wirtschaftsgüter Gegenstand einer Einlage sein können (vgl. BFH vom 26. 10. 1987, BStBl 1988 II, 348). Gewährt also eine inländische Muttergesellschaft ihrer inländischen Tochtergesellschaft ein zinsloses Darlehen, so erfolgt keine Einkunftskorrektur, während bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt § 1 AStG greifen könnte. Außensteuerrecht Gemeinschaftsrecht und § 1 AStG 3 Deutschland Gruppe 1 · Seite 1763 IWB Nr. 16 vom 22. 8. 2001 - 795 -
Verdeckte in eine auslandische Kapitalgesellschaft. Gem. 5 6 Abs. 6 Satz ist die verdeckte Einlage auf Ebene des Gesellschafters efert eine inlandische Kapitalgesellschaft an ihre auslandische Tochtergesellschaft Waren zu Wiederbeschaffungs kosten -also ohne Gewinnaufschlag -so liegt zunachst eine Entnahme aus dem Betriebsvermogen bei gleichzeitiger Einlage in das auslandische Betriebsvermogen vor(vgl. Glanegger in Schmidt, EStG, S 6 Anm. 550 Eine gewinnkorrektur kann bei einem rein innerstaatlichen sachverhalt bis zur Hohe des Teilwerts erfolgen, nur durchS 1 AStG konnte eine wei tergehendere Korrektur gerechtfertigt werden de eut seiland dare heine estes eesr im rgesreis gt w nges ectwer halte zu verzichten. oder aber im innerstaatlichen recht anstatt auf den Teil ert auf den Fremdvergleichspreis abzustellen. Dies birgt insbesondere bei ersonengesellschaften erheblichen Sprengstoff, da beispielsweise ein Ge- Ischafter einer Personengesellschaft die private Nutzung von Wirtschafts gutern des Betriebsvermogens zu Fremdvergleichspreisen abrechne en musste Allerdings wurde ein Urteil des EuGH im europaischen Ausland noch w Or. schriften fur Gewinnkorrekturen nicht den gemeinschaftsrechtlichen Anfor- derungen gerecht wurden Die gesetzlichen Vorgaben knupfen in vielen Staa- ten, ahnlich wie 5 1 AStG, an grenzuberschreitende sachverhalte In Frankreich soll gem. Art. 57 der franzosischen Abgabenordnung( Code Ge- neral des Impots)der Fremdvergleichspreis nur dann greifen, wenn Transak- tionen an Unternehmen durchgefuhrt werden, die von einem auberhalb Frankreichs ansassigen Unternehmen abhangig sind, oder umgekehrt ein sol- ches beherrschen. Ahnliches gilt auch fur Art. 76 Abs. 5 des italienischen EStG Testo Unico delle Imposte sui Redditiund fur Art. 26, 54 und Art. 344 Abs. 2 des belgischen EStG(Wet op de inkomstenbelasting). GemaB Schedule 28 AA Abs. 1 Nr2 ICTA soll eine einkunftekorrektur in groBbritannien nur moglich sein, wenn eine oder beide Parteien durch die Transaktion einen Vor- teil bezuglich des britischen Steueraufkommens erlangen Eine Transaktion kann also ohne Gewinnaufschlag durchgefuhrt werden, wenn das britische Steueraufkommen sichergestellt ist Dies wird regelmaBig bei Transaktionen innerhalb von groBbritannien der fall sein I. Zusammenfassung Der BFH-Beschluss konnte gravierende Auswirkungen auf das Steuerrecht Deutschlands und anderer europaischer Staaten haben Sollte der EuGH der Argumentation des steuerpfichtigen folgen, so ware der deutsche Gesetzge ber gezwungen-will er nicht auf Besteuerungssubstanz verzichten-, den FremdvergleichsmaBstab auch im innerstaatlichen Recht umzusetzen. Soweit der Steuerpflichtige mit Einkunftskorrekturen konfrontiertist, die auf s 1 AStG gestutzt werden und durch Geschaftsbeziehungen mit dem EU-Aus land veranlasst sind, sollte der Steuerpflichtige Einspruch gegen seinen Steu- erbescheid einlegen Entsprechendes gilt auch fur Gewinnkorrekturen im eu- ropaischen Ausland, falls eine Einkunftskorrektur bei einem rein innerstaat ichen Sachverhalt nicht vorgenommen worden ware 3 Deutschland Gruppe 1. Seite 1764
— Verdeckte Einlagen in eine ausländische Kapitalgesellschaft. Gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG ist die verdeckte Einlage auf Ebene des Gesellschafters mit dem Teilwert zu bewerten. Liefert eine inländische Kapitalgesellschaft an ihre ausländische Tochtergesellschaft Waren zu Wiederbeschaffungskosten — also ohne Gewinnaufschlag — so liegt zunächst eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen bei gleichzeitiger Einlage in das ausländische Betriebsvermögen vor (vgl. Glanegger in Schmidt, EStG, § 6 Anm. 550). Eine Gewinnkorrektur kann bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt bis zur Höhe des Teilwerts erfolgen, nur durch § 1 AStG könnte eine weitergehendere Korrektur gerechtfertigt werden. In Deutschland wäre daher der Gesetzgeber im Ergebnis gezwungen, entweder auf sein in den DBA eingeräumtes Besteuerungsrecht für EU-Sachverhalte zu verzichten, oder aber im innerstaatlichen Recht anstatt auf den Teilwert auf den Fremdvergleichspreis abzustellen. Dies birgt insbesondere bei Personengesellschaften erheblichen Sprengstoff, da beispielsweise ein Gesellschafter einer Personengesellschaft die private Nutzung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens zu Fremdvergleichspreisen abrechnen müsste. Allerdings würde ein Urteil des EuGH im europäischen Ausland noch wesentlich weitreichendere Folgen haben, da hier sogar die Hauptanwendungsvorschriften für Gewinnkorrekturen nicht den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen gerecht würden. Die gesetzlichen Vorgaben knüpfen in vielen Staaten, ähnlich wie § 1 AStG, an grenzüberschreitende Sachverhalte an. In Frankreich soll gem. Art. 57 der französischen Abgabenordnung (Code Ge´- ne´ral des Impoˆts) der Fremdvergleichspreis nur dann greifen, wenn Transaktionen an Unternehmen durchgeführt werden, die von einem außerhalb Frankreichs ansässigen Unternehmen abhängig sind, oder umgekehrt ein solches beherrschen. Ähnliches gilt auch für Art. 76 Abs. 5 des italienischen EStG (Testo Unico delle Imposte sui Redditi) und für Art. 26, 54 und Art. 344 Abs. 2 des belgischen EStG (Wet op de inkomstenbelasting). Gemäß Schedule 28 AA Abs. 1 Nr. 2 ICTA soll eine Einkünftekorrektur in Großbritannien nur möglich sein, wenn eine oder beide Parteien durch die Transaktion einen Vorteil bezüglich des britischen Steueraufkommens erlangen. Eine Transaktion kann also ohne Gewinnaufschlag durchgeführt werden, wenn das britische Steueraufkommen sichergestellt ist. Dies wird regelmäßig bei Transaktionen innerhalb von Großbritannien der Fall sein. IV. Zusammenfassung Der BFH-Beschluss könnte gravierende Auswirkungen auf das Steuerrecht Deutschlands und anderer europäischer Staaten haben. Sollte der EuGH der Argumentation des Steuerpflichtigen folgen, so wäre der deutsche Gesetzgeber gezwungen — will er nicht auf Besteuerungssubstanz verzichten —, den Fremdvergleichsmaßstab auch im innerstaatlichen Recht umzusetzen. Soweit der Steuerpflichtige mit Einkunftskorrekturen konfrontiert ist, die auf § 1 AStG gestützt werden und durch Geschäftsbeziehungen mit dem EU-Ausland veranlasst sind, sollte der Steuerpflichtige Einspruch gegen seinen Steuerbescheid einlegen. Entsprechendes gilt auch für Gewinnkorrekturen im europäischen Ausland, falls eine Einkunftskorrektur bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht vorgenommen worden wäre. e 3 Deutschland Gruppe 1 · Seite 1764 - 796 -