Verrechnungspreise 5 Aktuelle Verrechnungspreisentwicklungen in den niederlanden Anmerkung zum Urteil des , Hooge Raadvom 28 6. 2002 und zur Zulassigkeit der sog. Palettenbetrachtung RA/StB Dr Heinz-Klaus Kroppen, LL. M. und RA Dr. Stephan Rasch, Deloitte Touche, Dusseldorf Geltungsbereich: Niederlande Rechtsgrundlagen: Artikel 8b Vennootschapsbelasting Literatur: B a u m hoff, Internationale Verrechnungspreise-Die, Palettenbetrach- oEc Besch s estragsgewah ite emech 3 Gr. 1. S.1761 ff. Dahnke. Podi 如职9g1m。 son codification of thearm1mpe dies. Transfer Pricing in Netherlands: Times are changing, TPTP, 10/2001, S8ff Kroppen/Rasch isrichtlinien der Niederlande IWB F 5 Gr 2 Niederlande iges Urteil bezuglich der verrechnungspre onal(TND), 12 Nowtherlandsng(TPTP)11/2000, S.21 ternati ide ion, Tax Notes Interna mber2001,S.627f; e Court shifts n intercompany pricing Am 28. 6. 2002 hat der Hooge Raad(HR), das hochste Gericht in Steuersachen in den Niederlanden, eine Entscheidung zur Frage der Beweislastverteilung bei der Bestim tung hohe Bedeutung beigemessen hat(Az. 36.446, Vakstudie Nieuws 2002, 34.9, De Hos- son, Intertax 2002, S 189, 192). Dieses Urteil ist vor dem Hintergrund einer zum 1. 1. 2002 und der Dokumentationspflicht in Art. 8b des niederlandischen KStG zu sehen. Eine Uberschneidung ergibt sich insofern, als der HR entschieden hat, dass die Finanzverwal t eine andere beweis umfassenden reform des niederlandischen internationalen steuerrechts veroffentlich (vgl. dazu ausfuhrlich Kroppen/Rasch, IWB F 5 Gr 2 Niederlande, S. 321 ff. Kamphuis De Haan, TPTP 10/2001, S.8 ff. ) Im Anschluss daran sollen nun sowohl die zum 1. 1. 2002 in Kraft getretenen Anderungen, die Gesetzesrang haben, als auch die aktuelle Rechtsprechung naher untersucht werden. IWB Nr 16 vom 28.8. 2002
Steuerrecht Verrechnungspreise 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 351 Aktuelle Verrechnungspreisentwicklungen in den Niederlanden – Anmerkung zum Urteil des „Hooge Raad“ vom 28. 6. 2002 und zur Zulässigkeit der sog. Palettenbetrachtung – RA/StB Dr. Heinz-Klaus Kroppen, LL.M. und RA Dr. Stephan Rasch, Deloitte & Touche, Düsseldorf Geltungsbereich: Niederlande. Rechtsgrundlagen: Artikel 8b Vennootschapsbelasting. Literatur: Baumhoff, Internationale Verrechnungspreise – Die „Palettenbetrachtung“, eine Weiterentwicklung des Vorteilsausgleichs, IStR 1994, S. 593 f.; Baumhoff/Sieker, Ausgewählte Verrechnungspreisprobleme im Lichte des neuen OECD-Berichts, IStR 1995, 517 ff.; Becker/Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Köln 1997/2001, 4. Lfg. Dezember 2001; E i - gelshoven, Gemeinschaftsrechtliche Bedenken des BFH gegen § 1 AStG, IWB F. 3 Gr. 1, S. 1761 ff.; Dahnke, Podiumsdiskussion – Chemie- und Pharmaunternehmen – Konfliktfelder aus der Sicht der Finanzverwaltung und Unternehmen, in: Schaumburg, Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften, Köln 1994, S. 141 ff.; D e Hosson, Codification of the Arm‘s Length Principle in the Netherlands Corporate Income Tax Act, Intertax 2002, S. 189 ff.; Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Kommentar, 6. Aufl, Köln 1997/2001, Stand: 49. Lfg. Dezember 2001; Kamphuis/De Haan, Netherlands: Draft Bill Published, TPTP 11/2001, S. 10 ff.; dies.; Transfer Pricing in the Netherlands: Times are changing, TPTP, 10/2001, S. 8 ff.; K r oppen/Rasch, Die neuen Verrechnungspreisrichtlinien der Niederlande, IWB F. 5 Gr. 2 Niederlande, S. 321 ff.; R a s c h , Konzernverrechnungspreise im nationalen, bilateralen und europäischen Steuerrecht, Köln 2001; Rubbens/Schwab, Niederlande: Wichtiges Urteil bezüglich der Verrechnungspreise, IStR 15/2002, Länderbericht, S. 3; V a n D a m, Dutch Car Importer Case headed for Supreme Court, Tax Planning International Transfer Pricing (TPTP) 11/2000, S. 21 f.; V a n Dam/Vrouwenvelder, Netherlands‘ New Transfer Pricing Legislation, Tax Notes International (TNI), 12 November 2001, S. 627 ff.; V ollebregt, Supreme Court shifts burden of proof on intercompany pricing, TNI, 15 July 2002, S. 271 f. Am 28. 6. 2002 hat der Hooge Raad (HR), das höchste Gericht in Steuersachen in den Niederlanden, eine Entscheidung zur Frage der Beweislastverteilung bei der Bestimmung angemessener Verrechnungspreise getroffen, der insbesondere die Finanzverwaltung hohe Bedeutung beigemessen hat (Az. 36.446, Vakstudie Nieuws 2002, 34.9, De Hosson, Intertax 2002, S. 189, 192). Dieses Urteil ist vor dem Hintergrund einer zum 1. 1. 2002 diesen Jahres in Kraft getretenen gesetzlichen Regelung des Fremdvergleichsprinzips und der Dokumentationspflicht in Art. 8b des niederländischen KStG zu sehen. Eine Überschneidung ergibt sich insofern, als der HR entschieden hat, dass die Finanzverwaltung die Beweislast dafür trägt, dass die Verrechnungspreise des Steuerpflichtigen nicht mit dem Fremdvergleich übereinstimmen. Insbesondere die neue gesetzliche Dokumentationspflicht des Art. 8b Abs. 3 des niederländischen KStG scheint eine andere Beweislastverteilung vorzusehen. Darüber hinaus hatte bereits zum 1. April des vergangenen Jahres das niederländische Finanzministerium insgesamt acht Erlasse im Rahmen einer umfassenden Reform des niederländischen internationalen Steuerrechts veröffentlicht (vgl. dazu ausführlich Kroppen/Rasch, IWB F. 5 Gr. 2 Niederlande, S. 321 ff.; Kamphuis/ De Haan, TPTP 10/2001, S. 8 ff.). Im Anschluss daran sollen nun sowohl die zum 1. 1. 2002 in Kraft getretenen Änderungen, die Gesetzesrang haben, als auch die aktuelle Rechtsprechung näher untersucht werden. IWB Nr. 16 vom 28. 8. 2002 - 799 -
Entscheidungen des Gerichts von s Hertogenbosch und des ,, Hooge Raac 1. Sachverhalt Ein niederlandisches Vertriebsunternehmen hatte in den vergangenen Jahren aren in die Niederlande importer Muttergesellschaft war alleiniger Gesellschafter des vertriebsunternehmens und die importierten Guter waren allesamt von verbundenen Produktionsun- ternehmen hergestellt worden. Auf der Grundlage eines Vertriebsvertrages mportierte das Vertriebsunternehmen unter anderem eine Produktlinie, d m Urteil zur Wahrung der Anonymitat des Steuerpflichtigen mit den Buch staben a bis d bezeichnet wurde Das Vertriebsunternehmen erzielte mit dem Vertrieb dieser Produktlinie in den Jahren 1985 bis 1992 insgesamt einen Ge- winn. Der Verkauf des Produktes A-isoliert betrachtet- zeitigte basierend auf dem festgesetzten Verrechnungspreis, den die vertriebsgesellschaft zahlen hatte, einen Verlust. Tatsachlich war der Verrechnungspreis fur das Produkt a auf der grundlage einer Marktstudie, die das Vertriebsunterneh- men zur Ermittlung eines Endverkaufspreises durchgefuhrt hatte, festgelegt orden Diesen Endverkaufspreis teilte das Vertriebsunternehmen der aus ndischen Muttergesellschaft mit, die wiederum den verrechnur genuber dem Vertriebsunternehmen bestimmte Ausdrucklich wird in dem Urteil festgestellt, dass der Verrechnungspreis nicht Gegenstand einer ver- andlung zwischen dem Mutter-und vertriebsunternehmen war, sondern ei her Vorgabe durch das auslandische Unternehmen entstammte. Die Unter nehmenskultur der Gruppe hatte eine Verhandlung des Verrechnungspreise nicht zugelassen. Im Jahre 1988 stellte die Finanzverwaltung eine Untersu chung der Einkaufspreise unabhangiger Importeure an Gestutzt auf diese Analyse argumentierte die Finanzverwaltung, dass der Verrechnungspreis fur das Produkt A nicht fremdvergleichsublich und eine Korrektur des Preise und so des steuerpflichtigen Einkommens der vertriebsgesellschaft erforder lich sei Die von der Finanzverwaltung erstellte Studie wurde dem Steuer oflichtigen nicht zuganglich gemacht(Vollebregt, TNI, 15 July 2002, S. 271 Hinsichtlich der Frage der beweislastverteilung argumentierte die Finat verwaltung, dass aufgrund der einseitigen Festlegung des Preises durch die auslandische gesellschaft und des sich ergebenden negativen Ergebnisse fur das Produkt a die Beweislast auf den Steuerpfichtigen abergehen musse Die Finanzverwaltung argumentierte weiter, dass sich die Uber rechnungspreise ausdrucklich auf die einzelnen Produkte beziehen sollte Das Produkt a machte scheinbar den wesentlichen Teil der von der niederlandi schen Gesellschaft importierten Produkte aus(Van Dam, TPTJ 11/2000, S 21 22). Nur aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung zum auslandischen Anteilseigner habe der Vertreiber die Verluste hingenommen. Ein fremder Dritter hatte dies nicht getan oder zumindest eine Neuverhandlung des ver- rechnungspreises angestrengt 2. Erstinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichts Das Finanzgericht setzte sich dere mit zwei Problembereichen bei der Bestimmung von verrechnu eisen auseinander, namlich der Frage der Beweislastverteilung und der Moglichkeit, Transaktionen zu aggregieren 5 Niederland
I. Entscheidungen des Gerichts von s‘Hertogenbosch und des „Hooge Raad“ 1. Sachverhalt Ein niederländisches Vertriebsunternehmen hatte in den vergangenen Jahren Waren in die Niederlande importiert und dort vertrieben. Die ausländische Muttergesellschaft war alleiniger Gesellschafter des Vertriebsunternehmens und die importierten Güter waren allesamt von verbundenen Produktionsunternehmen hergestellt worden. Auf der Grundlage eines Vertriebsvertrages importierte das Vertriebsunternehmen unter anderem eine Produktlinie, die im Urteil zur Wahrung der Anonymität des Steuerpflichtigen mit den Buchstaben A bis D bezeichnet wurde. Das Vertriebsunternehmen erzielte mit dem Vertrieb dieser Produktlinie in den Jahren 1985 bis 1992 insgesamt einen Gewinn. Der Verkauf des Produktes A – isoliert betrachtet – zeitigte basierend auf dem festgesetzten Verrechnungspreis, den die Vertriebsgesellschaft zu zahlen hatte, einen Verlust. Tatsächlich war der Verrechnungspreis für das Produkt A auf der Grundlage einer Marktstudie, die das Vertriebsunternehmen zur Ermittlung eines Endverkaufspreises durchgeführt hatte, festgelegt worden. Diesen Endverkaufspreis teilte das Vertriebsunternehmen der ausländischen Muttergesellschaft mit, die wiederum den Verrechnungspreis gegenüber dem Vertriebsunternehmen bestimmte. Ausdrücklich wird in dem Urteil festgestellt, dass der Verrechnungspreis nicht Gegenstand einer Verhandlung zwischen dem Mutter- und Vertriebsunternehmen war, sondern einer Vorgabe durch das ausländische Unternehmen entstammte. Die Unternehmenskultur der Gruppe hätte eine Verhandlung des Verrechnungspreises nicht zugelassen. Im Jahre 1988 stellte die Finanzverwaltung eine Untersuchung der Einkaufspreise unabhängiger Importeure an. Gestützt auf diese Analyse argumentierte die Finanzverwaltung, dass der Verrechnungspreis für das Produkt A nicht fremdvergleichsüblich und eine Korrektur des Preises und so des steuerpflichtigen Einkommens der Vertriebsgesellschaft erforderlich sei. Die von der Finanzverwaltung erstellte Studie wurde dem Steuerpflichtigen nicht zugänglich gemacht (Vollebregt, TNI, 15 July 2002, S. 271, 272). Hinsichtlich der Frage der Beweislastverteilung argumentierte die Finanzverwaltung, dass aufgrund der einseitigen Festlegung des Preises durch die ausländische Gesellschaft und des sich ergebenden negativen Ergebnisses für das Produkt A die Beweislast auf den Steuerpflichtigen übergehen müsse. Die Finanzverwaltung argumentierte weiter, dass sich die Überprüfung der Verrechnungspreise ausdrücklich auf die einzelnen Produkte beziehen sollte. Das Produkt A machte scheinbar den wesentlichen Teil der von der niederländischen Gesellschaft importierten Produkte aus (Van Dam, TPTJ 11/2000, S. 21, 22). Nur aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung zum ausländischen Anteilseigner habe der Vertreiber die Verluste hingenommen. Ein fremder Dritter hätte dies nicht getan oder zumindest eine Neuverhandlung des Verrechnungspreises angestrengt. 2. Erstinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichts Das Finanzgericht setzte sich insbesondere mit zwei Problembereichen bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen auseinander, nämlich der Frage der Beweislastverteilung und der Möglichkeit, Transaktionen zu aggregieren. 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 352 - 800 -
Steuerrecht 5 Gruppe2· Seite353 a)Beweislast unangemessen ist. Diese hatten d die beweigz bosch, 20 6.2000, Az. 96/3008) Das FG von s'Hertogenbosch(Hof s Hertog urteilte. dass den finanzbehorde egen, dass ein unverbundenes ver eptiert hatte, die gesamte Produktlinie a bis D nter Berucksichtigung des verlusttrachtigen Produktes A zu vertreiben Die. weises, zu tragen. Das FG lente auch die argumentation der Finanzverwal tung ab, dass die einseitige Festlegung des Verrechnungspreises einen An- haltspunkt dafur liefere. dass das niederlandische vertriebsunternehmen von der Gestaltung nicht profitieren kone. Es konne folgerichtig auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Verrechnungspreis falsch sei b )Transaktionsbezogene Beurteilung der Verrechnungspreise Der Ansicht der Finanzverwaltung, die Transaktionen fur jedes Produkt ein- zeln beurteilen zu wollen, folgte das Finanzgericht ebenfalls nicht. Die Ube prufung der Verrechnungspreise habe sich an der gesamten Produktpalette zu orientieren. Nur wenn sich unter Einbeziehung der gesamtbetrachtung er- gebe, dass die Festsetzung der einzelnen Preise zu einer disproportionalen Verteilung der Gewinne gefuhrt hatte, sei der Ruckschluss auf die fehlende Fremdvergleichskonformitat zulassig. Eine solche Situation konnte das nanzgericht aber nicht feststellen 3. Entscheidung des , Hooge Raad Nach dem die Finanzverwaltung erstinstanzlich unterlegen war, hat das Fi- nanzministerium Rechtsmittel bei dem zustandigen HR eingelegt Dieser be- schaftigte sich mit denselben Fragen wie das Finanzgericht. Eine abwei chende rechtsauffassung hat das gericht nicht vertreten. So geht auch die bere Rechtsprechung davon aus, dass die Beweislast fur die Unangemessen eit der Verrechnungspreise die Finanzverwaltung tragt, auch fur den fall, dass die bruttomarge des vertreibers von der in der Branche ublichen Marge abweicht (Vollebregt, TNI, 15 July 2002, S. 271, 272; Rubbens/Schwab, IStR 15/2002, Landerbericht, S. 3). Das Gericht arbeitete zudem heraus, dass das niederlandische Steuerrecht fur den zu betrachtenden Zeitraum keine spezi fischen Regelungen zur Bestimmung von Verrechnungs en enthielt dem. ntsprechend war dem gesetz auch keine Anleitung zu entnehmen, ob zur Bestimmung des angemessenen Verrechnungspreises die Transaktionen hin sichtlich eines Produktes isoliert zu erfolgen habe, oder aber eine aggregation dass das Fremdvergleichsprinzip im Sinne der OECD-Leitlinien auszulegen ist. Auf der Basis der Tz. 1.42 ff. der OECD-Leitlinien sei es demzufolge nach Ansicht des HR- zulassig, wenn ein einzelnes Produkt aufgrund des Verrechnungspreises verlusttrachtig ist, solange das Gesamtresultat fremd vergleichsublich ist und mit den von dem Unternehmen ausgeubten Funktio- nen und uibernommenen Risiken in Einklang steht. IWB Nr 16 vom 28.8. 2002 -801
a) Beweislast Das FG von s‘Hertogenbosch (Hof s‘Hertogenbosch, 20. 6. 2000, Az. 96/3008) urteilte, dass den Finanzbehörden die Beweislast dafür obliege, ob der Preis unangemessen ist. Diese hätten darzulegen, dass ein unverbundenes Vertriebsunternehmen es nicht akzeptiert hätte, die gesamte Produktlinie A bis D unter Berücksichtigung des verlustträchtigen Produktes A zu vertreiben. Diesen Nachweis konnten die Finanzbehörden in dem Sachverhalt nicht führen und hatten daher die Beweislast, d. h. den Nachteil des nicht erbrachten Beweises, zu tragen. Das FG lehnte auch die Argumentation der Finanzverwaltung ab, dass die einseitige Festlegung des Verrechnungspreises einen Anhaltspunkt dafür liefere, dass das niederländische Vertriebsunternehmen von der Gestaltung nicht profitieren könne. Es könne folgerichtig auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Verrechnungspreis falsch sei. Dies darzulegen sei vielmehr Aufgabe der Finanzverwaltung. b) Transaktionsbezogene Beurteilung der Verrechnungspreise Der Ansicht der Finanzverwaltung, die Transaktionen für jedes Produkt einzeln beurteilen zu wollen, folgte das Finanzgericht ebenfalls nicht. Die Überprüfung der Verrechnungspreise habe sich an der gesamten Produktpalette zu orientieren. Nur wenn sich unter Einbeziehung der Gesamtbetrachtung ergebe, dass die Festsetzung der einzelnen Preise zu einer disproportionalen Verteilung der Gewinne geführt hätte, sei der Rückschluss auf die fehlende Fremdvergleichskonformität zulässig. Eine solche Situation konnte das Finanzgericht aber nicht feststellen. 3. Entscheidung des „Hooge Raad“ Nach dem die Finanzverwaltung erstinstanzlich unterlegen war, hat das Finanzministerium Rechtsmittel bei dem zuständigen HR eingelegt. Dieser beschäftigte sich mit denselben Fragen wie das Finanzgericht. Eine abweichende Rechtsauffassung hat das Gericht nicht vertreten. So geht auch die obere Rechtsprechung davon aus, dass die Beweislast für die Unangemessenheit der Verrechnungspreise die Finanzverwaltung trägt, auch für den Fall, dass die Bruttomarge des Vertreibers von der in der Branche üblichen Marge abweicht (Vollebregt, TNI, 15 July 2002, S. 271, 272; Rubbens/Schwab, IStR 15/2002, Länderbericht, S. 3). Das Gericht arbeitete zudem heraus, dass das niederländische Steuerrecht für den zu betrachtenden Zeitraum keine spezi- fischen Regelungen zur Bestimmung von Verrechnungspreisen enthielt. Dementsprechend war dem Gesetz auch keine Anleitung zu entnehmen, ob zur Bestimmung des angemessenen Verrechnungspreises die Transaktionen hinsichtlich eines Produktes isoliert zu erfolgen habe, oder aber eine Aggregation zusammenhängender Geschäfte zulässig sei. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass das Fremdvergleichsprinzip im Sinne der OECD-Leitlinien auszulegen ist. Auf der Basis der Tz. 1.42 ff. der OECD-Leitlinien sei es demzufolge — nach Ansicht des HR — zulässig, wenn ein einzelnes Produkt aufgrund des Verrechnungspreises verlustträchtig ist, solange das Gesamtresultat fremdvergleichsüblich ist und mit den von dem Unternehmen ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken in Einklang steht. Steuerrecht Verrechnungspreise 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 353 IWB Nr. 16 vom 28. 8. 2002 - 801 -
Il. Anmerkungen Die Urteile werfen interessante Fragen auf, die nicht allein national von Be- deutung sind, sondern auch im internationalen Kontext eine Rolle spielen konnen Nachfolgend soll zu einigen Problembereichen auch unter Beruck sichtigung der deutschen Sichtweise Stellung genommen werden 1. Zulassigkeit der Aggregation von Transaktionen (Intertax 2002, S. 189, 192)ist zuzustimmen wie einzelne und zusammenhangende geschafte zu beurteilen sind Der Fi- nanzverwaltung hilft insoweit auch nicht, dass das Fremdvergleichsprinzip nunmehr ausdrucklich kodifiziert ist(siehe dazu noch unten unter 2 )und die Erlasse aus 2001 die OECD-Leitlinien in groBem Umfang adaptieren Bereits vor dem Urteil galt inhaltlich, was in dem Urteil durch die referenz auf die OECD-Leitlinien festgestellt wurde Grundsatzlich soll die Beurteilung eines Geschafts transaktionsbezogen erfolgen In dem Erlass vom 30. 3. 2001, IFZ 2001/295M, Tz. 1.1 hat das niederlandische Finanzministerium die OECD- Leitlinien besta Eine aggregierte betrachtung der Transaktionen sei zu- lassig, wenn es entweder sehr schwierig oder gar unmoglich ist, den Verrech lungspreis einzelner Transaktionen zu bestimmen. Tz 1.42 der OECD-Leit linien, der diesen Gedanken beinhaltet, i saner verbunden"sind, sachgerechte Beurteilung des einzelnen Geschafts nicht moglich ir. ss eine auch zum Au Geschafte geben wird, die m, so eng miteinan Der Sachverhalt, der den Gerichten zur Beurteilung vorgelegen hat, ist von renzuberschreitender Bedeutung, da Vertriebsgesellschaften haufig fur ein. elne Produkte einen Preisnachteil, fur andere Produkte hingegen einen Preisvorteil erzielen werden. zudem ist die problematik der palettenbetrad ng oftmals in der Betriebsprufung ein Streitpunkt, weil die Finanzverwal- ng - ahnlich wie in dem hollandischen Fall- immer wieder versucht einzelne Geschaftsvorfalle aufzugreifen, in denen die Margen nicht angemes- sen sein konnten, obwohl das Unternehmen insgesamt ausreichende Margen erzielt. Dabei sind die einzelnen Voraussetzungen fur eine Palettenbetrach tung oft umstritten a) Einordnung der sog. Palettenbetrachtung Bei der Palettenbetrachtung wird im Rahmen einer Uberprufung derVerrech lungspreise eine gesamte Produktpalette untersucht. Dabei wird nicht jedes einzelne Produkt ein Preis bestimmt. Vielmehr wird aus grunden de Vereinfachung eine Saldobetrachtung aller betrachteten Produkte angestellt Folglich kommt es auf die Angemessenheit des einzelnen Produktpreises auch nicht an Entscheidend ist vielmehr dass das gesamtresultat hinsichtlich al ler Produkte zutreffend ist. Die OECD-Leitlinien erkennen dieses Konzept (Tz. 1.42-1.44)an und unterscheiden es von dem sog Vorteilsausgleich(vgl. Tz 1.62 OECD-Leitlinien) Letzterer lasst eine Saldierung von Vorteilen eines Geschafts mit Nachteilen aus einem anderen Geschaft zu. Anders als die na ionalen Verwaltungsgrundsatze (Tz. 2.3 der Verwaltungsgrundsatze vom 23. 2. 1983)fordern die OECD-Leitlinien keinen direkten und sachlichen Zu- mmenhang zwischen diesen Geschaften etrachtet man den zugrunde liegenden Sachverhalt des Urteils vor dem Hin rund des Fremdvergleichs ich Folgendes: Es erscheint ni ngewohnlich, wenn ein unverbundener Vertreiber, der ein Sortiment von Produkten eines Herstellers vertreiben will, unterschiedliche Margen hin 5 Niederlande Gruppe2· Seite354
II. Anmerkungen Die Urteile werfen interessante Fragen auf, die nicht allein national von Bedeutung sind, sondern auch im internationalen Kontext eine Rolle spielen können. Nachfolgend soll zu einigen Problembereichen auch unter Berücksichtigung der deutschen Sichtweise Stellung genommen werden. 1. Zulässigkeit der Aggregation von Transaktionen De Hosson (Intertax 2002, S. 189, 192) ist zuzustimmen, wenn er feststellt, dass auch die neue Gesetzgebung nicht explizit zum Ausdruck bringt, ob und wie einzelne und zusammenhängende Geschäfte zu beurteilen sind. Der Finanzverwaltung hilft insoweit auch nicht, dass das Fremdvergleichsprinzip nunmehr ausdrücklich kodifiziert ist (siehe dazu noch unten unter 2.) und die Erlasse aus 2001 die OECD-Leitlinien in großem Umfang adaptieren. Bereits vor dem Urteil galt inhaltlich, was in dem Urteil durch die Referenz auf die OECD-Leitlinien festgestellt wurde. Grundsätzlich soll die Beurteilung eines Geschäfts transaktionsbezogen erfolgen. In dem Erlass vom 30. 3. 2001, IFZ 2001/295M, Tz. 1.1 hat das niederländische Finanzministerium die OECDLeitlinien bestätigt. Eine aggregierte Betrachtung der Transaktionen sei zulässig, wenn es entweder sehr schwierig oder gar unmöglich ist, den Verrechnungspreis einzelner Transaktionen zu bestimmen. Tz. 1.42 der OECD-Leitlinien, der diesen Gedanken beinhaltet, bringt auch zum Ausdruck, dass es Geschäfte geben wird, die „so eng miteinander verbunden“ sind, dass eine „sachgerechte Beurteilung des einzelnen Geschäfts nicht möglich ist“. Der Sachverhalt, der den Gerichten zur Beurteilung vorgelegen hat, ist von grenzüberschreitender Bedeutung, da Vertriebsgesellschaften häufig für einzelne Produkte einen Preisnachteil, für andere Produkte hingegen einen Preisvorteil erzielen werden. Zudem ist die Problematik der Palettenbetrachtung oftmals in der Betriebsprüfung ein Streitpunkt, weil die Finanzverwaltung — ähnlich wie in dem holländischen Fall — immer wieder versucht, einzelne Geschäftsvorfälle aufzugreifen, in denen die Margen nicht angemessen sein könnten, obwohl das Unternehmen insgesamt ausreichende Margen erzielt. Dabei sind die einzelnen Voraussetzungen für eine Palettenbetrachtung oft umstritten. a) Einordnung der sog. Palettenbetrachtung Bei der Palettenbetrachtung wird im Rahmen einer Überprüfung der Verrechnungspreise eine gesamte Produktpalette untersucht. Dabei wird nicht für jedes einzelne Produkt ein Preis bestimmt. Vielmehr wird aus Gründen der Vereinfachung eine Saldobetrachtung aller betrachteten Produkte angestellt. Folglich kommt es auf die Angemessenheit des einzelnen Produktpreises auch nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass das Gesamtresultat hinsichtlich aller Produkte zutreffend ist. Die OECD-Leitlinien erkennen dieses Konzept (Tz. 1.42—1.44) an und unterscheiden es von dem sog. Vorteilsausgleich (vgl. Tz. 1.62 OECD-Leitlinien). Letzterer lässt eine Saldierung von Vorteilen eines Geschäfts mit Nachteilen aus einem anderen Geschäft zu. Anders als die nationalen Verwaltungsgrundsätze (Tz. 2.3 der Verwaltungsgrundsätze vom 23. 2. 1983) fordern die OECD-Leitlinien keinen direkten und sachlichen Zusammenhang zwischen diesen Geschäften. Betrachtet man den zugrunde liegenden Sachverhalt des Urteils vor dem Hintergrund des Fremdvergleichs, so ergibt sich Folgendes: Es erscheint nicht ungewöhnlich, wenn ein unverbundener Vertreiber, der ein Sortiment von Produkten eines Herstellers vertreiben will, unterschiedliche Margen hin- 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 354 - 802 -
Steuerrecht 5 Gruppe2·seie355 sichtlich der zu diesem Sortiment gehorenden Produkte akzeptiert. So ist es weiter denkbar, dass er auch einen Preis fur einen Teil des Sortiments akzer tieren wird, der -bei isolierter Betrachtung zu einem Verlust fuhren wurde, vorausgesetzt, mit dem Vertrieb des gesamten Sortiments ist ein an gemessener Gewinn zu erzielen. Das bedeutet naturlich auch, dass der Ver- treiber mit anderen Produkten des Sortiments eine besonders gute, positive Marge erzielen kann Eine solche Konstellation lasst sich ohne weiteres in der Praxis wiederfinden So erzielt der Vertreiber einer PKw-Marke regelmaBig nur eine geringe -oder gar negative- Marge mit den sog. Massenmodellen Dies akzeptiert der Vertreiber aber nur vor dem Hintergrund, durch eine Mischkalkulation im Sinne eines kalkulatorischen Ausgleichs mit den Fahr zeugen des gehobenen Segments eine entsprechend hohere, positive Marge zu erzielen (vgl. zum Gedanken der Mischkalkulation Becker, in: Becker/ Kroppen, a a 0., O TZ 1.42 Anm. 4, sowie Baumhoff, in Flick/ Wassermeyer Baumhoff, s 1 AStG, Anm. 805, ders. IStR 1994, S 593) Ein weiteres Beispiel ist der Vertrieb im Pharmaziebereich. Die Praxis zeigt dass sich die verrechnungspreisbestimmung hier in der Regel nicht auf ein zelne produkte bezieht. sondern dass eine rejhe von Produkten im verbund betrachtet wird Mogen auch die Einzelpreise pro Produkt nicht ohne weiteres fremdvergleichsublich sein, so wird doch fur den Verbund dieser Produkte ein angemessener-fremdvergleichskonformer-Gesamtpreis festgelegt Ge- rade im Pharmaziebereich ist aber die beziehung zwischen Produzent und Vertreiber auf den vertrieb einer gesamten Produktpalette angelegt Insoweit ist Moebus (in: Schaumburg(Hrsg. ) Internationale Verrechnungspreise zwi schen Kapitalgesellschaften, s 141; ebenso Dahnke, ebenda; vgl. auch Baum hoff, IStR 1994, 593)zuzustimmen, dass hinsichtlich der geschaftsbeziehung zwischen Produzent und Vertreiber nicht auf die Einzelgeschaftsbeziehung ondern auf die auf dauer angelegte gesamtgeschaftsbeziehung abzustellen st. Der hohe Aufwand fur die Forschung und Entwicklung einzelner Pro- dukte veranlasst die Unternehmen dazu, das Angebot moglichst breit zu g stalten wahrend in einzelnen Bereichen Produkte mit geringerem Aufwand erforscht werden konnen, und deswegen moglicherweise eine hohere Marge zulassen, wird fur die Entwicklung von Medikamenten fur andere Krank heitsbilder eine viel umfangreichere F+E notig sein Folglich ist das Gewinn potenzial sowohl fur den Hersteller als auch fur den Vertreiber zumindest Zeitraum der Markteinfuhrung niedriger Im Ubrigen ist es eine bekannte Situation im Pharmabereich, dass die sogenannten Highseller", d h die in Augenblick umsatztrachtigsten Produkte wegen der hohen Vertriebskosten nureine geringe Marge erzielen, wahrend die Marge schon langer eingefuhrter Produkte oft deutlich hoher liegt. b) Erfordernis des inneren Zusammenhangs gen ist, ob es Vo tenbetrachtung angestellt wird Im deutschen Recht hat die Palettenbe pale innerer Zusammenhang zwischen den Produkten besteht tung bisher weder Eingang in die Verwaltungsgrundsatze gefunden, noch war tersichtlich-ausdrucklich Gegenstand der Rechtsprechung wie bereits erwahnt setzen sich die oECD-Leitlinien hingegen in Tz. 1.42-1.44 e it der sog. Palettenbetrachtung auseinander. In Fallen, in denen Geschafte BNr16vom28.8.2002 -803
sichtlich der zu diesem Sortiment gehörenden Produkte akzeptiert. So ist es weiter denkbar, dass er auch einen Preis für einen Teil des Sortiments akzeptieren wird, der — bei isolierter Betrachtung — zu einem Verlust führen würde, vorausgesetzt, mit dem Vertrieb des gesamten Sortiments ist ein angemessener Gewinn zu erzielen. Das bedeutet natürlich auch, dass der Vertreiber mit anderen Produkten des Sortiments eine besonders gute, positive Marge erzielen kann. Eine solche Konstellation lässt sich ohne weiteres in der Praxis wiederfinden. So erzielt der Vertreiber einer PKW-Marke regelmäßig nur eine geringe — oder gar negative — Marge mit den sog. Massenmodellen. Dies akzeptiert der Vertreiber aber nur vor dem Hintergrund, durch eine Mischkalkulation im Sinne eines kalkulatorischen Ausgleichs mit den Fahrzeugen des gehobenen Segments eine entsprechend höhere, positive Marge zu erzielen (vgl. zum Gedanken der Mischkalkulation Becker, in: Becker/ Kroppen, a. a. O., O Tz. 1.42 Anm. 4, sowie Baumhoff, in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff, § 1 AStG, Anm. 805, ders. IStR 1994, S. 593). Ein weiteres Beispiel ist der Vertrieb im Pharmaziebereich. Die Praxis zeigt, dass sich die Verrechnungspreisbestimmung hier in der Regel nicht auf einzelne Produkte bezieht, sondern dass eine Reihe von Produkten im Verbund betrachtet wird. Mögen auch die Einzelpreise pro Produkt nicht ohne weiteres fremdvergleichsüblich sein, so wird doch für den Verbund dieser Produkte ein angemessener — fremdvergleichskonformer — Gesamtpreis festgelegt. Gerade im Pharmaziebereich ist aber die Beziehung zwischen Produzent und Vertreiber auf den Vertrieb einer gesamten Produktpalette angelegt. Insoweit ist Moebus (in: Schaumburg (Hrsg.), Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften, S. 141; ebenso Dahnke, ebenda; vgl. auch Baumhoff, IStR 1994, 593) zuzustimmen, dass hinsichtlich der Geschäftsbeziehung zwischen Produzent und Vertreiber nicht auf die Einzelgeschäftsbeziehung, sondern auf die auf Dauer angelegte Gesamtgeschäftsbeziehung abzustellen ist. Der hohe Aufwand für die Forschung und Entwicklung einzelner Produkte veranlasst die Unternehmen dazu, das Angebot möglichst breit zu gestalten. Während in einzelnen Bereichen Produkte mit geringerem Aufwand erforscht werden können, und deswegen möglicherweise eine höhere Marge zulassen, wird für die Entwicklung von Medikamenten für andere Krankheitsbilder eine viel umfangreichere F+E nötig sein. Folglich ist das Gewinnpotenzial sowohl für den Hersteller als auch für den Vertreiber zumindest im Zeitraum der Markteinführung niedriger. Im Übrigen ist es eine bekannte Situation im Pharmabereich, dass die sogenannten „Highseller“, d. h. die im Augenblick umsatzträchtigsten Produkte wegen der hohen Vertriebskosten nur eine geringe Marge erzielen, während die Marge schon länger eingeführter Produkte oft deutlich höher liegt. b) Erfordernis des inneren Zusammenhangs Zu überlegen ist, ob es Voraussetzung der Palettenbetrachtung ist, dass ein innerer Zusammenhang zwischen den Produkten besteht, für die die Palettenbetrachtung angestellt wird. Im deutschen Recht hat die Palettenbetrachtung bisher weder Eingang in die Verwaltungsgrundsätze gefunden, noch war sie — soweit ersichtlich — ausdrücklich Gegenstand der Rechtsprechung. Wie bereits erwähnt setzen sich die OECD-Leitlinien hingegen in Tz. 1.42—1.44 mit der sog. Palettenbetrachtung auseinander. In Fällen, in denen Geschäfte Steuerrecht Verrechnungspreise 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 355 IWB Nr. 16 vom 28. 8. 2002 - 803 -
so eng miteinander verbunden sind, dass bei separater Betrachtung eine sach erechte Beurteilung eines jeden Geschafts nicht moglich ist, lassen die OECD-Leitlinien sog. Paketgeschafte zu. Bei erster Betrachtung ist damit erforderlich. dass die hafte n eng miteinander verbunden" sind. In Tz 1.42 wird als Beispiel fur derartige Geschafte eine,, Palette eng miteinan- der verbundener Produkte(z. B in einem Sortiment)"angefuhrt die Warenauswahl des Kaufmanns zu verstehen. Die wortliche Auslegung ins- besondere des Klammerzusatzes wurde daher den schluss zulassen. dass der Warenkorbz B des vertreibers als ganzes der Palettenbetrachtung zugrunde zu legen ist Das wurde auch bedeuten, dass eine Einengung der anwe eit der Palettenbetrachtung durch einen sachlichen Zusammenhang dukte nicht zwingend erforderlich ist Vielmehr wurde auf die vert vitat im Ganzen abgestellt Diese Auslegung scheint jedoch zu weitgehend zu sein. Betrachtet werden soll zunachst der englische originaltext der Tz 1.42 der OECD-Leitlinien: Examples may include 1 e.g. in a product line)when it is impractical to determine pricing for each individua product or transaction. Der Begriff product line"kann mit Produktfamilie oder Produktlinie uber setzt werden Die Begriffe Produktfamilie bzw. Produktlinie konnen gegen lber dem Sortiment u E abgegrenzt werden. So handelt es sich um im Absatz miteinander verbundene produkte. Das muss bei einem Sortiment aber nicht unbedingt der Fall sein, wenn man letzteres als komplettes Warenangebot versteht. Ein Vertreiber kann unterschiedliche Produktfamilien anbieten. die zwar kumuliert sein sortiment darstellen. Die einzelnen produktlinien mus- en aber nicht ohne weiteres miteinander in Verbindung stehen Anhand folgenden Beispiels soll der Unterschied dargestellt werden Eine in landische Vertriebsgesellschaft vertreibt die PKw einer bestimmten Marke. Daneben hat sie ihren Vertrieb noch um den Import und den Verkauf von icht von verbundenen Unternehmen produzierten-Erntemaschinen erwei t Es ist u E.- wie bereits ausgefuhrt-unzweifelhaft, dass hinsichtlich der unterschiedlichen PKW-Modellreihen eine Palettenbetrachtung in Be- tracht kommt Es erscheint aber problematisch, in diese Betrachtung auch die Erntemaschinen einzubeziehen Eine Verbindung dergestalt, dass die unter- schiedlichen Erzeugnisse zu einer Produktfamilie oder Produktlinie gehoren ist nicht zwingend anzunehmen. Es erscheint daher nicht sachgerecht, auf das Sortimentabzustellen, wie es die deutsche Fassung der OECD-Leitlinien vorsieht. Vielmehr sollte die Palettenbetrachtung auf eine Produktfamilie Zw. Produktlinie (wobei diese Begriffe synonym verwendet werden sollen Anwendung finden. Denn hierbei handelt es sich um eine Einheit von Pro- dukten, die zueinander in Verbindung stehen. Unter Berucksichtigung des Original-Wortlauts ist daher zu fordern, dass zwischen den Produkten ein Zusammenhang in der Form besteht, dass es sich um im Absatz miteinander rerbundene produkte handelt Diese Abgrenzung stimmt mit der Ansicht von Dahnke(a a.O.S. 141 f ) uber ein, der die Palettenbetrachtung de von von der Art der Produkte und von deren anwendung her- ein ge schlossenes Ganzes bildet Betrachtet man unter dieser Pramisse beispiels- weise den Vertreiber von Pharmazieprodukten, dann sollte der Schluss zulas Gruppe2· Seite356
so eng miteinander verbunden sind, dass bei separater Betrachtung eine sachgerechte Beurteilung eines jeden Geschäfts nicht möglich ist, lassen die OECD-Leitlinien sog. Paketgeschäfte zu. Bei erster Betrachtung ist damit erforderlich, dass die Geschäfte „eng miteinander verbunden“ sind. In Tz. 1.42 wird als Beispiel für derartige Geschäfte eine „Palette eng miteinander verbundener Produkte (z. B. in einem Sortiment)“ angeführt. Unter einem „Sortiment“ ist üblicherweise das gesamte Warenangebot bzw. die Warenauswahl des Kaufmanns zu verstehen. Die wörtliche Auslegung insbesondere des Klammerzusatzes würde daher den Schluss zulassen, dass der Warenkorb z. B. des Vertreibers als Ganzes der Palettenbetrachtung zugrunde zu legen ist. Das würde auch bedeuten, dass eine Einengung der Anwendbarkeit der Palettenbetrachtung durch einen sachlichen Zusammenhang der Produkte nicht zwingend erforderlich ist. Vielmehr würde auf die Vertriebsaktivität im Ganzen abgestellt. Diese Auslegung scheint jedoch zu weitgehend zu sein. Betrachtet werden soll zunächst der englische Originaltext der Tz. 1.42 der OECD-Leitlinien: „Examples may include 1. . . ., 2. . . ., and 3. pricing a range of closely-linked products (e.g. in a product line) when it is impractical to determine pricing for each individual product or transaction.“ Der Begriff „product line“ kann mit Produktfamilie oder Produktlinie übersetzt werden. Die Begriffe Produktfamilie bzw. Produktlinie können gegen- über dem Sortiment u. E. abgegrenzt werden. So handelt es sich um im Absatz miteinander verbundene Produkte. Das muss bei einem Sortiment aber nicht unbedingt der Fall sein, wenn man letzteres als komplettes Warenangebot versteht. Ein Vertreiber kann unterschiedliche Produktfamilien anbieten, die zwar kumuliert sein Sortiment darstellen. Die einzelnen Produktlinien müssen aber nicht ohne weiteres miteinander in Verbindung stehen. Anhand folgenden Beispiels soll der Unterschied dargestellt werden. Eine inländische Vertriebsgesellschaft vertreibt die PKW einer bestimmten Marke. Daneben hat sie ihren Vertrieb noch um den Import und den Verkauf von — nicht von verbundenen Unternehmen produzierten — Erntemaschinen erweitert. Es ist u. E. — wie bereits ausgeführt — unzweifelhaft, dass hinsichtlich der unterschiedlichen PKW-Modellreihen eine Palettenbetrachtung in Betracht kommt. Es erscheint aber problematisch, in diese Betrachtung auch die Erntemaschinen einzubeziehen. Eine Verbindung dergestalt, dass die unterschiedlichen Erzeugnisse zu einer Produktfamilie oder Produktlinie gehören, ist nicht zwingend anzunehmen. Es erscheint daher nicht sachgerecht, auf das „Sortiment“ abzustellen, wie es die deutsche Fassung der OECD-Leitlinien vorsieht. Vielmehr sollte die Palettenbetrachtung auf eine Produktfamilie bzw. Produktlinie (wobei diese Begriffe synonym verwendet werden sollen) Anwendung finden. Denn hierbei handelt es sich um eine Einheit von Produkten, die zueinander in Verbindung stehen. Unter Berücksichtigung des Original-Wortlauts ist daher zu fordern, dass zwischen den Produkten ein Zusammenhang in der Form besteht, dass es sich um im Absatz miteinander verbundene Produkte handelt. Diese Abgrenzung stimmt mit der Ansicht von Dahnke (a. a. O. S. 141 f.) überein, der die Palettenbetrachtung derart definiert, dass ein Paket von Produkten — von der Art der Produkte und von deren Anwendung her — ein geschlossenes Ganzes bildet. Betrachtet man unter dieser Prämisse beispielsweise den Vertreiber von Pharmazieprodukten, dann sollte der Schluss zuläs- 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 356 - 804 -
Steuerrecht Verrechnungspreise 5 Gruppe2·sete357 sig sein, dass eine Saldobetrachtung in der Form der Palettenbetrachtung insichtlich aller vom Vertreiber angebotenen Pharmazeutika zulassig ist Produkte stellen gerade men der Vertriebstatigkeit ein geschlossenes Ganzes dar. Dem Vertreiber ware es auch nur moglich, auf den Vertrieb einzelner, moglicherweise verlusttrach tiger Produkte zu verzichten, wenn dadurch seine Marktstellung nicht beein trachtigt werden wurde Sofern der vertreiber jedoch feststellt, dass er sein Marktstellung durch die vervollstandigung seiner Produkte verbessern kan wird er in der Regel auf den Vertrieb einzelner Produkte nicht verzichten Diesen Gedanken bestatigt grundsatzlich auch der BFH, wenn er in seinem Urteil vom 17. 10. 2001(IR 103/00, DB 2001, S2474 ff. unter Ill. A 2 d)dd))in anderem Zusammenhang anerkennt, dass ein fremder Vertreiber Produkte zukauft, , an deren vertrieb er ein spezielles Interesse hat(z B Angebot einer gesamten Produktpalette)und fur die er sich deshalb mit einer sehr viel ge. ingeren Rohgewinnmarge zufrieden gibt". Damit bestatigt er zumindest dass der Vertreiber durchaus die Motivation haben kann, bei einem Produkt geringere Margen zu akzeptieren, die bei isolierter Betrachtung zu einer Kor- rektur fuhren wurden Es ist aber gerade der Fremdvergleich, der hier belegt dass unabhangige Unternehmen dies in ihrer Geschaftspraxis akzeptieren Dies entspricht zudem der Idee, die hinter der Palettenbetrachtung steht In Fallen, in denen eine Betrachtung der einzelnen Transaktionen innerhalb ei- ner Produktlinie schlichtweg nicht praktikabel ist, soll eine Beurteilung zu menhangender Geschafte zur vereinfachung herangezogen werden Dies teht u E auch nicht im Widerspruch zum transaktionsbezogenen Verstand nis des Fremdvergleichs (vgl. TZ 1.42 OECD-Leitlinien). Im Gegenteil, es kann sogar eine Ubereinstimmung mit dem Fremdvergleich festgestellt wer- den Es entspricht durchaus der Geschaftspraxis unverbundener Geschafts- partner, Mischkalkulationen hinsichtlich eines Bundels von Produkten vor zunehmen. um Preisnachteile bei einzelnen produkten durch Vorteile bei ar deren Produkten auszugleichen (vgl. auch Baumhoff/ Sieker, IStR 1995 517, 522; ahnlich auch Dahnke, a a.O.s.141 f. Diese Ansicht steht schlieBlich in Einklang mit der Auslegung des dem Art. 9 landischen Finanzverwaltung wohl kaum plausibel darzulegen, dass fur die Produktpalette ein angemessener Gesamtpreis vereinbart wurde, es aber hin sichtlich des einzelnen Produkts der Anpassung beduirfe SchlieBlich kann noch ein weiterer Gedanke das bisherige Ergebnis stutzen. So erscheint e mehr als problematisch, fur einzelne Produkte den angemessenen tatsachli chen Fremdvergleichspreis zu bestimmen. Im Vordergrund wird regelmaB e beurteilung der Vertriebsaktivitat als Ganzes stehen Allein aufgrund des Informationsdefizits kann eine Beurteilung jedes einzelnen Produktes hohe Schwierigkeiten hervorrufen. c)Rechtfertigung aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes Unseres Erachtens lasst sich die Richtigkeit einer Palettenbetrachtung lus dem in$ 88 AO niedergelegten Untersuchungsgrundsatz herleiten $88 Abs. 2 hat die Finanzbehorde alle bedeutsamen, auch die fur den I ligten, gunstigen Umstande zu beruicksichtigen. Lasst sich daher feststellen, IWB Nr 16 vom 28.8. 2002
sig sein, dass eine Saldobetrachtung in der Form der Palettenbetrachtung hinsichtlich aller vom Vertreiber angebotenen Pharmazeutika zulässig ist. Denn die von diesem Vertreiber angebotenen Produkte stellen gerade im Rahmen der Vertriebstätigkeit ein geschlossenes Ganzes dar. Dem Vertreiber wäre es auch nur möglich, auf den Vertrieb einzelner, möglicherweise verlustträchtiger Produkte zu verzichten, wenn dadurch seine Marktstellung nicht beeinträchtigt werden würde. Sofern der Vertreiber jedoch feststellt, dass er seine Marktstellung durch die Vervollständigung seiner Produkte verbessern kann, wird er in der Regel auf den Vertrieb einzelner Produkte nicht verzichten. Diesen Gedanken bestätigt grundsätzlich auch der BFH, wenn er in seinem Urteil vom 17. 10. 2001 (I R 103/00, DB 2001, S. 2474 ff. unter III.A.2 d) dd)) in anderem Zusammenhang anerkennt, dass ein fremder Vertreiber Produkte zukauft, „an deren Vertrieb er ein spezielles Interesse hat (z. B. Angebot einer gesamten Produktpalette) und für die er sich deshalb mit einer sehr viel geringeren Rohgewinnmarge zufrieden gibt“. Damit bestätigt er zumindest, dass der Vertreiber durchaus die Motivation haben kann, bei einem Produkt geringere Margen zu akzeptieren, die bei isolierter Betrachtung zu einer Korrektur führen würden. Es ist aber gerade der Fremdvergleich, der hier belegt, dass unabhängige Unternehmen dies in ihrer Geschäftspraxis akzeptieren. Dies entspricht zudem der Idee, die hinter der Palettenbetrachtung steht. In Fällen, in denen eine Betrachtung der einzelnen Transaktionen innerhalb einer Produktlinie schlichtweg nicht praktikabel ist, soll eine Beurteilung zusammenhängender Geschäfte zur Vereinfachung herangezogen werden. Dies steht u. E. auch nicht im Widerspruch zum transaktionsbezogenen Verständnis des Fremdvergleichs (vgl. Tz. 1.42 OECD-Leitlinien). Im Gegenteil, es kann sogar eine Übereinstimmung mit dem Fremdvergleich festgestellt werden. Es entspricht durchaus der Geschäftspraxis unverbundener Geschäftspartner, Mischkalkulationen hinsichtlich eines Bündels von Produkten vorzunehmen, um Preisnachteile bei einzelnen Produkten durch Vorteile bei anderen Produkten auszugleichen (vgl. auch Baumhoff/Sieker, IStR 1995, S. 517, 522; ähnlich auch Dahnke, a. a. O. S. 141 f.). Diese Ansicht steht schließlich in Einklang mit der Auslegung des dem Art. 9 OECD-MA zugrunde liegenden „arm‘s length principle“. Es wäre einer ausländischen Finanzverwaltung wohl kaum plausibel darzulegen, dass für die Produktpalette ein angemessener Gesamtpreis vereinbart wurde, es aber hinsichtlich des einzelnen Produkts der Anpassung bedürfe. Schließlich kann noch ein weiterer Gedanke das bisherige Ergebnis stützen. So erscheint es mehr als problematisch, für einzelne Produkte den angemessenen tatsächlichen Fremdvergleichspreis zu bestimmen. Im Vordergrund wird regelmäßig die Beurteilung der Vertriebsaktivität als Ganzes stehen. Allein aufgrund des Informationsdefizits kann eine Beurteilung jedes einzelnen Produktes hohe Schwierigkeiten hervorrufen. c) Rechtfertigung aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes Unseres Erachtens lässt sich die Richtigkeit einer Palettenbetrachtung auch aus dem in § 88 AO niedergelegten Untersuchungsgrundsatz herleiten. Nach § 88 Abs. 2 hat die Finanzbehörde alle bedeutsamen, auch die für den Beteiligten, günstigen Umstände zu berücksichtigen. Lässt sich daher feststellen, Steuerrecht Verrechnungspreise 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 357 IWB Nr. 16 vom 28. 8. 2002 - 805 -
dass eine Vertriebsgesellschaft aus dem Vertrieb ihrer gesamten Produktpa lette z. B eine angemessene Nettomarge von 2, 5% erzielt, ist es nach der ratio legis des$ 88 AO nicht sachgerecht, wenn die Finanzbehorde einige Produkt erausgreift, bei denen nur eine Nettomarge von beispielsweise 0, 3% erzielt rd. Unter der Pramisse, dass die Nettogesamtmarge angemessen ist, ist es dann jedoch logisch zwingend, dass einzelne Produkte eine Nettomarge von nehr als 2, 5% erzielen $88 Abs. 2 AO verbietet es der Finanzbehorde aber, lur die Produkte mit geringen Margen aufzugreifen und die Produkte mit hohen Margen unberucksichtigt zu lassen. Vielmehr ware die Behorde nach $88 Abs. 2 AO verpfichtet, gedanklich die geringeren Margen( 2, 5 %)nach unten zu Gunsten des Steuer- pflichtigen anzupassen. Die Konsequenz ist, dass es insgesamt nicht zu einer Anpassung kame, weil die Gesamtmarge angemessen ist Unseres Erachtens geht $88 Abs. 2 AO als gesetzliche Vorschrift auch eventuell den in Verwal- tungsgrundsatzen enthaltenen Einschrankungen vor Die Finanzverwaltung ann sich namlich nicht durch Verwaltungsregelungen ihrer gesetzlichen Pficht zur Objektivitat entziehen. d) Einschrankung der Palettenbetrachtung durch das , Aquaviturtei In der Praxis wird der Anwendung der Palettenbetrachtung teilweise das Argument entgegengehalten, spatestens seit dem Urteil des BFH vom 17. 2. 1993 (I R 3/92, BStBl 1993 II S.457)sei die Palettenbetrachtung nicht mehr anwendbar. Begrundet wird dies damit, dass der ordentliche und gewis enhafte geschaftsleiter nur dann ein neues produkt einfuhren und vertreiben wird, wenn er innerhalb eines uberschaubaren Zeitraums einen angemesse- nen Gesamtgewinn erwarten kann Da sich das Urteil mit einem verlusttrachtigen Produkt auseinandergesetzt hat, stellt sich die Frage, ob die Palettenbetrachtung nach dem Urteil vom 17. 2. 1993 noch aufrechtzuerhalten ist Diese Frage ist u. E zu bejahen Die Annahme, die Ausfuhrungen im Aquaviturteil enthielten auch eine bewer ng der sog. n Palettenbetrachtung", wurde zu weit greifen. Der erste Senat hat sich in dem Urteil dezidiert mit der Frage auseinandergesetzt, welche Verlustphase ein ordentlicher und gewissenhafter Geschaftsleiter akzeptieren wurde Die Palettenbetrachtung hat dabei keinerlei berucksichtigung gefun den. Zuzugeben ist allein, dass in dem Urteil ein spezielles, einzelnes Produk ngesprochen wird Im Ubrigen steht der Urteilsfall in keinem Zusammen- ang mit der Frage der Zulassigkeit der Palettenbetrachtung Eine Wertung in dieser Hinsicht verbietet sich daher Ausweislich des veroffentlichten Tatbe. tands hat sich der Streitfall auf das produkt der Marke.x" beschrankt. Im Tatbestand heiSt es:, Hinsichtlich der seit 1976 importierten Marke,,X wa- ren der Klagerin u a deshalb zumindest ab 1979 erhebliche Verluste aus dem Vertrieb dieses produktes erwachsen ."Es ist nicht ersichtlich. inwiefern an- dere Produkte zur Verlustbildung beigetragen haben, und ob uberhaupt eine Palettenbetrachtung in dem Sachverhalt in Frage gekommen ware und ein anderes Ergebnis gerechtfertigt hatte. Vielmehr ist aus der erganzung,ua des vorgenannten Zitats der Schluss zu ziehen, dass die verluste nicht allein auf dem unangemessenen Verrechnungspreis eines einzelnen Produktes be ruhen. Der Vollstandigkeit halber sei erwahnt, dass in dem Aquavitfall die erluste seitens der Finanzverwaltung mit dem Verzicht auf einen fehlenden Verbungskostenausgleich begrundet wurden. Zusammenfassend ist festzu halten, dass dem Aquaviturteil keinerlei Hinweise auf die Zulassigkeit der 5 Niederlande Gruppe2· Seite358
dass eine Vertriebsgesellschaft aus dem Vertrieb ihrer gesamten Produktpalette z. B. eine angemessene Nettomarge von 2,5% erzielt, ist es nach der ratio legis des § 88 AO nicht sachgerecht, wenn die Finanzbehörde einige Produkte herausgreift, bei denen nur eine Nettomarge von beispielsweise 0,3% erzielt wird. Unter der Prämisse, dass die Nettogesamtmarge angemessen ist, ist es dann jedoch logisch zwingend, dass einzelne Produkte eine Nettomarge von mehr als 2,5% erzielen. § 88 Abs. 2 AO verbietet es der Finanzbehörde aber, nur die Produkte mit geringen Margen aufzugreifen und die Produkte mit hohen Margen unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr wäre die Behörde nach § 88 Abs. 2 AO verpflichtet, gedanklich die geringeren Margen ( 2,5 %) nach unten zu Gunsten des Steuerpflichtigen anzupassen. Die Konsequenz ist, dass es insgesamt nicht zu einer Anpassung käme, weil die Gesamtmarge angemessen ist. Unseres Erachtens geht § 88 Abs. 2 AO als gesetzliche Vorschrift auch eventuell den in Verwaltungsgrundsätzen enthaltenen Einschränkungen vor. Die Finanzverwaltung kann sich nämlich nicht durch Verwaltungsregelungen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Objektivität entziehen. d) Einschränkung der Palettenbetrachtung durch das „Aquaviturteil“ In der Praxis wird der Anwendung der Palettenbetrachtung teilweise das Argument entgegengehalten, spätestens seit dem Urteil des BFH vom 17. 2. 1993 (I R 3/92, BStBl 1993 II S. 457) sei die Palettenbetrachtung nicht mehr anwendbar. Begründet wird dies damit, dass der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter nur dann ein neues Produkt einführen und vertreiben wird, wenn er innerhalb eines überschaubaren Zeitraums einen angemessenen Gesamtgewinn erwarten kann. Da sich das Urteil mit einem verlustträchtigen Produkt auseinandergesetzt hat, stellt sich die Frage, ob die Palettenbetrachtung nach dem Urteil vom 17. 2. 1993 noch aufrechtzuerhalten ist. Diese Frage ist u. E. zu bejahen. Die Annahme, die Ausführungen im Aquaviturteil enthielten auch eine Bewertung der sog. „Palettenbetrachtung“, würde zu weit greifen. Der erste Senat hat sich in dem Urteil dezidiert mit der Frage auseinandergesetzt, welche Verlustphase ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter akzeptieren würde. Die Palettenbetrachtung hat dabei keinerlei Berücksichtigung gefunden. Zuzugeben ist allein, dass in dem Urteil ein spezielles, einzelnes Produkt angesprochen wird. Im Übrigen steht der Urteilsfall in keinem Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit der Palettenbetrachtung. Eine Wertung in dieser Hinsicht verbietet sich daher. Ausweislich des veröffentlichten Tatbestands hat sich der Streitfall auf das Produkt der Marke „X“ beschränkt. Im Tatbestand heißt es: „Hinsichtlich der seit 1976 importierten Marke „X“ waren der Klägerin u. a. deshalb zumindest ab 1979 erhebliche Verluste aus dem Vertrieb dieses Produktes erwachsen.“ Es ist nicht ersichtlich, inwiefern andere Produkte zur Verlustbildung beigetragen haben, und ob überhaupt eine Palettenbetrachtung in dem Sachverhalt in Frage gekommen wäre und ein anderes Ergebnis gerechtfertigt hätte. Vielmehr ist aus der Ergänzung „u. a.“ des vorgenannten Zitats der Schluss zu ziehen, dass die Verluste nicht allein auf dem unangemessenen Verrechnungspreis eines einzelnen Produktes beruhen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass in dem Aquavitfall die Verluste seitens der Finanzverwaltung mit dem Verzicht auf einen fehlenden Werbungskostenausgleich begründet wurden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass dem Aquaviturteil keinerlei Hinweise auf die Zulässigkeit der 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 358 - 806 -
Steuerrecht 5 Gruppe2· Seite359 Palettenbetrachtung zu entnehmen ist Eine entsprechende Argumentation ist u. E. nicht haltbar 2. Beweislast und neue dokumentationsyorschriften Die Ausfuhrungen des Urteils zur Frage, wer die beweislast tra shang mit dem zum 1. 1. 2002 in Kraft getretenen Art 8b des nie- derlandischen KStG zu sehen. Es wird angenommen, dass die Finanzverwal- tung die anwendung des Urteils und die darin enthaltenen Aussagen zur Be weislastverteilung auf Falle vor dem 1. 1. 2002 beschranken will (vgl. Vollebregt, TNI, 15 July 2002, S. 271, 272) a)Inhalt des Artikel 8b niederlandisches KStG Art. 8b enthalt im Wesentlichen zwei bestandteile Die absatze l und 2 ent. sprechen im Wesentlichen Art. 9 Abs. 1 OECD-MA Ein Unterschied besteht insofern, als anstatt des Begriffs, enterprise"(ondernemingen)der Aus ur, entity“ lichamen) endet wurde(vgl. im Einzelnen dazu De Hosson Intertax 2002, S. 189, 192: Van Dam/Vrouwenvelder, TNI, 12 November 2001 S 627, 628 sowie Kamphuis/De Haan, TPTP 11/2001, S. 10). Erstaunlich ist aber, dass die vorschrift nicht die voraussetzung aufstellt, dass eines der be teiligten Unternehmen im Ausland angesiedelt sein muss Offensichtlich b zieht sich die vorschrift auch auf rein inlandiscl he transaktionen so dass sic im Gegensatz zu $1 AStG das Problem der Unvereinbarkeit mit EU-Recht nicht stellen sollte (vgl. dazu Beschluss des BFH vom 21. 6. 2001-IB 141/00, IStR 2001, S 509; Wassermeyer, in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, s 1 AStG Anm. 816.1; Eigelshoven, IWB F3 Gr. 1, S 1761 ff. ) Der hier besonders inte- ressierende absatz 3 wird in einer inoffiziellen Ubersetzung ins Englische wie folgt wiedergegeben(vgl. De Hosson, Intertax 2002, S. 189, 190): he entities(indicated in the first and second paragraph)must include in their how how the transfer prices mentioned in these paragraphs unrelated parties in their business dealings deduced that the conditions rele- were established and from which it can be readily ant to the existing transfer prices are those Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit Artikel 52 Abs. 1 der Niederlan dischen Ao(Algemene Wet inzake Rijksbelastingen) zu sehen, der fordert, dass die aufzeichnungen des Steuerpflichtigen alle fur Zwecke der besteue rung relevanten Einzelheiten zu umfassen haben In der Literatur wird ange weifelt, ob es tatsachlich zwingend erforderlich war, die Dokumentation fur Regelungen sei zu entnehmen, dass die aufzeichnungen darlegen mussen, wie reise zustande gekommen sind (vgl. De Hosson, Intertax 2002.S.189. 196. der auf das urteil des bfh vom 17.10. 2001 verweist und feststellt, dass der niederlandische Gesetzgeber offensichtlich alle Zweifel ausraumen wollte b )Umfang der Dokumentation Zwar hat der Gesetzgeber nun eine gesetzliche verpflichtung der Dokumen tation fur Verrechnungspreise bestimmt Der Umfang und die Form der Do- kumentation sind aber nach wie vor vollig offen. Auch die erlasse der Nie- derlandischen Finanzverwaltung des letzten Jahres haben diesbezuglich keine Angaben enthalten(vgl. Kroppen/Rasch, IWB F 5 Gr 2 Niederlande, S IWB Nr 16 vom 28.8. 2002 -807
Palettenbetrachtung zu entnehmen ist. Eine entsprechende Argumentation ist u. E. nicht haltbar. 2. Beweislast und neue Dokumentationsvorschriften Die Ausführungen des Urteils zur Frage, wer die Beweislast trägt, sind im Zusammenhang mit dem zum 1. 1. 2002 in Kraft getretenen Art. 8b des niederländischen KStG zu sehen. Es wird angenommen, dass die Finanzverwaltung die Anwendung des Urteils und die darin enthaltenen Aussagen zur Beweislastverteilung auf Fälle vor dem 1. 1. 2002 beschränken will (vgl. Vollebregt, TNI, 15 July 2002, S. 271, 272). a) Inhalt des Artikel 8b niederländisches KStG Art. 8b enthält im Wesentlichen zwei Bestandteile. Die Absätze 1 und 2 entsprechen im Wesentlichen Art. 9 Abs. 1 OECD-MA. Ein Unterschied besteht insofern, als anstatt des Begriffs „enterprise“ (ondernemingen) der Ausdruck für „entity“ (lichamen) verwendet wurde (vgl. im Einzelnen dazu De Hosson, Intertax 2002, S. 189, 192; Van Dam/Vrouwenvelder, TNI, 12 November 2001, S. 627, 628 sowie Kamphuis/De Haan, TPTP 11/2001, S. 10). Erstaunlich ist aber, dass die Vorschrift nicht die Voraussetzung aufstellt, dass eines der beteiligten Unternehmen im Ausland angesiedelt sein muss. Offensichtlich bezieht sich die Vorschrift auch auf rein inländische Transaktionen, so dass sich im Gegensatz zu § 1 AStG das Problem der Unvereinbarkeit mit EU-Recht nicht stellen sollte (vgl. dazu Beschluss des BFH vom 21. 6. 2001–IB 141/00, IStR 2001, S. 509; Wassermeyer, in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Anm. 816.1; Eigelshoven, IWB F. 3 Gr. 1, S. 1761 ff.). Der hier besonders interessierende Absatz 3 wird in einer inoffiziellen Übersetzung ins Englische wie folgt wiedergegeben (vgl. De Hosson, Intertax 2002, S. 189, 190): „The entities (indicated in the first and second paragraph) must include in their accounts those facts which show how the transfer prices mentioned in these paragraphs were established and from which it can be readily deduced that the conditions relevant to the existing transfer prices are those which would have been agreed between unrelated parties in their business dealings.“ Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit Artikel 52 Abs. 1 der Niederländischen AO (Algemene Wet inzake Rijksbelastingen) zu sehen, der fordert, dass die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen alle für Zwecke der Besteuerung relevanten Einzelheiten zu umfassen haben. In der Literatur wird angezweifelt, ob es tatsächlich zwingend erforderlich war, die Dokumentation für Verrechnungspreiszwecke festzuschreiben. Auch den bereits vorhandenen Regelungen sei zu entnehmen, dass die Aufzeichnungen darlegen müssen, wie die Verrechnungspreise zustande gekommen sind (vgl. De Hosson, Intertax 2002, S. 189, 196, der auf das Urteil des BFH vom 17. 10. 2001 verweist und feststellt, dass der niederländische Gesetzgeber offensichtlich alle Zweifel ausräumen wollte). b) Umfang der Dokumentation Zwar hat der Gesetzgeber nun eine gesetzliche Verpflichtung der Dokumentation für Verrechnungspreise bestimmt. Der Umfang und die Form der Dokumentation sind aber nach wie vor völlig offen. Auch die Erlasse der Niederländischen Finanzverwaltung des letzten Jahres haben diesbezüglich keine Angaben enthalten (vgl. Kroppen/Rasch, IWB F. 5 Gr. 2 Niederlande, S. Steuerrecht Verrechnungspreise 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 359 IWB Nr. 16 vom 28. 8. 2002 - 807 -
321, 326). Insgesamt wollte der niederlandische Gesetzgeber es scheinbar ver- meiden, strengere Dokumentationsregelungen als andere la en. Es sollten nicht mehr als die nach dem Leitbild der oECD-Leitlinier orderlichen Mindestanforderungen an die Dokumentation gestellt werden. nswert. Auf diese Weise kann der Weg geebnet wer- den, zumindest fur die eu einen einheitlichen Katalog der Dokumentations- anforderungen zu definieren Die EU-Kommission empfiehlt, einem einheit- lichen Kurs hinsichtlich der Dokumentationen zu folgen, um eine Einigung uber die Dokumentationsanforderungen in einem internationalen Kontext z ermoglichen(vgl. dazu den Bericht der EU Kommission , Company Taxation in the Internal Market", SEC(2001)1681, vom 23. 10. 2001, S. 346 ff. ) Allerdings ist auch festzustellen, dass damit aus niederlandischer Sicht fra ch ist, welche Anforderungen aktuell tatsachlich zu stellen sind Die Praxis wird zeigen mussen, wie genau und wie umfangreich der Steuerpflichtige seine Dokumentation in den niederlanden einzurichten hat c) Auswirkungen auf die Beweislast will die Finanzbehorde einen Verrechnungspreis korrigieren, dann hat sie auch darzulegen, dass die verrechnungspreise nicht dem Fremdvergleichs- grundsatz entsprechen. Das stimmt mit den diskutierten Entscheidungen uberein. Grundsatzlich andert sich an diesem Umstand auch durch die neu Gesetzgebung nichts(Rubbens/Schwab, IStR 15/2002, Landerbericht, S 3) Allerdings kann der zwingenden Verpflichtung des Art. 8b Abs. 3 niederlan sches KStG wohl entnommen werden. dass die beweislast auf den steuer richtigen ubergehen kann(De Hosson, Intertax 2002, S 189, 197). Dies sollte 2002,S189,197),dass kein voller Beweis im Sin e llt(De Hosa o wirdDer fur den Fall gelten, dass uberhaupt keine Dokumentation vorgelegt wird Der Steuerpflichtige hatte dann darzulegen, dass die Preise fremdver chskon form sind. Einschrankend wird dazu aber festges htert eines Strengbeweises zu fuhren ist, sondern ein Anscheinsbeweis fur die Angemessenheit der Verrech Ill. Zusammenfassung Mit den zitierten Urteilen sowie der neuen Gesetzgebung und der bereits im letzten Jahre erfolgten weitgehenden rnahme der oecd-Leitlinien haben die Niederlande ihre bisherige eher zuruickhaltende behandlung der Verrech nungspreisproblematik aufgegeben(vgl. dazu etwa den Uberblick bei Rasch Konzernverrechnungspreise im europaischen Steuerrecht, S 221 ff. ) Die ak- uelle Rechtsprechung hat sich auf zwei wesentliche Punkte konzentriert Hinsichtlich der Frage der Zulassigkeit der Aggregation von Transaktionen kann den Entscheidungen nur zugestimmt werden Die vorliegend gefunde hen Ergebnisse unterstutzen die entscheidung. Die Ansicht der Finanzver- waltung, die grundsatze der Entscheidung bezuglich der Beweislast nur auf Falle vor dem 1. 1. 2002 anwenden zu wollen erscheint zweifelhaft. Auch un- ter der neuen Gesetzgebung obliegt die Beweislast zunachst immer noch der Finanzbehorde. Allerdings wurde sich die Beweislast auf den Steuerpflichti- gen verlagern, wenn uberhaupt keine Dokumentation vorgelegt wird. Aber uch das scheint in dem Urteilssachverhalt nicht vollig eindeutig zu sein Im- merhin hatte der Steuerpflichtige eine Marktstudie erstellt, die zur Bestim lung der Verrechnungspreise diente Moglicherweise hatte das allein schon als erster Anhaltspunkt fuir die Dokumentation der Verrechnungspreise ge-
321, 326). Insgesamt wollte der niederländische Gesetzgeber es scheinbar vermeiden, strengere Dokumentationsregelungen als andere Länder einzuführen. Es sollten nicht mehr als die nach dem Leitbild der OECD-Leitlinien erforderlichen Mindestanforderungen an die Dokumentation gestellt werden. Diese Haltung ist begrüßenswert. Auf diese Weise kann der Weg geebnet werden, zumindest für die EU einen einheitlichen Katalog der Dokumentationsanforderungen zu definieren. Die EU-Kommission empfiehlt, einem einheitlichen Kurs hinsichtlich der Dokumentationen zu folgen, um eine Einigung über die Dokumentationsanforderungen in einem internationalen Kontext zu ermöglichen (vgl. dazu den Bericht der EU Kommission „Company Taxation in the Internal Market“, SEC(2001) 1681, vom 23. 10. 2001, S. 346 ff.). Allerdings ist auch festzustellen, dass damit aus niederländischer Sicht fraglich ist, welche Anforderungen aktuell tatsächlich zu stellen sind. Die Praxis wird zeigen müssen, wie genau und wie umfangreich der Steuerpflichtige seine Dokumentation in den Niederlanden einzurichten hat. c) Auswirkungen auf die Beweislast Will die Finanzbehörde einen Verrechnungspreis korrigieren, dann hat sie auch darzulegen, dass die Verrechnungspreise nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Das stimmt mit den diskutierten Entscheidungen überein. Grundsätzlich ändert sich an diesem Umstand auch durch die neue Gesetzgebung nichts (Rubbens/Schwab, IStR 15/2002, Länderbericht, S. 3). Allerdings kann der zwingenden Verpflichtung des Art. 8b Abs. 3 niederländisches KStG wohl entnommen werden, dass die Beweislast auf den Steuerpflichtigen übergehen kann (De Hosson, Intertax 2002, S. 189, 197). Dies sollte für den Fall gelten, dass überhaupt keine Dokumentation vorgelegt wird. Der Steuerpflichtige hätte dann darzulegen, dass die Preise fremdvergleichskonform sind. Einschränkend wird dazu aber festgestellt (De Hosson, Intertax 2002, S. 189, 197), dass kein voller Beweis im Sinne eines Strengbeweises zu führen ist, sondern ein Anscheinsbeweis für die Angemessenheit der Verrechnungspreise geliefert werden muss. III. Zusammenfassung Mit den zitierten Urteilen sowie der neuen Gesetzgebung und der bereits im letzten Jahre erfolgten weitgehenden Übernahme der OECD-Leitlinien haben die Niederlande ihre bisherige eher zurückhaltende Behandlung der Verrechnungspreisproblematik aufgegeben (vgl. dazu etwa den Überblick bei Rasch, Konzernverrechnungspreise im europäischen Steuerrecht, S. 221 ff.). Die aktuelle Rechtsprechung hat sich auf zwei wesentliche Punkte konzentriert. Hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Aggregation von Transaktionen kann den Entscheidungen nur zugestimmt werden. Die vorliegend gefundenen Ergebnisse unterstützen die Entscheidung. Die Ansicht der Finanzverwaltung, die Grundsätze der Entscheidung bezüglich der Beweislast nur auf Fälle vor dem 1. 1. 2002 anwenden zu wollen, erscheint zweifelhaft. Auch unter der neuen Gesetzgebung obliegt die Beweislast zunächst immer noch der Finanzbehörde. Allerdings würde sich die Beweislast auf den Steuerpflichtigen verlagern, wenn überhaupt keine Dokumentation vorgelegt wird. Aber auch das scheint in dem Urteilssachverhalt nicht völlig eindeutig zu sein. Immerhin hatte der Steuerpflichtige eine Marktstudie erstellt, die zur Bestimmung der Verrechnungspreise diente. Möglicherweise hätte das allein schon als erster Anhaltspunkt für die Dokumentation der Verrechnungspreise gereicht. e 5 Niederlande Gruppe 2 · Seite 360 - 808 -